Ich lehne langsam meinen Kopf an die kühlen Gitterstäbe. Mein Blick ist trüb, und ich habe das Gefühl, vergessen worden zu sein. Eine Reise hatte begonnen, und mich hatte man alleine zurück gelassen.
Meine Gelenke schmerzen, als ich mich abwende und auf das Stroh starre. Ich ziehe mit meiner Kralle einen Strohhalm heraus, lasse ihn aber lustlos wieder fallen. Mein Blick gleitet an den tausenden von Gitterstäben vorbei an einen Riegel. Wenn ich so wäre wie die Menschen, könnte ich den Riegel verschieben, wie es mir gerade passt. Ich könnte heraus stürmen und die Freiheit genießen. Doch es ist jetzt schon klar, dass ich nie wieder den Savannensand spüren, die Hitze ertragen und mich zu Hause fühlen würde.
Mein Heim, wo ich hingehöre, ist fort. Für immer.
Ich fühle mich eingequetscht und dem Unglück ausgesetzt, meine Macht und die Gestalt einer Majestät waren verflogen. Jeder kann nun sehen, wie unsicher ich mich fühle. Ich bin alleine, ganz alleine, nicht wie früher. Wir waren immer zusammen, haben uns das Fell geleckt, zusammen gejagt und gefressen. Wenn wir zu viert waren, waren wir eine kleine Herde. Doch hier habe ich kein Herdenmitglied, weder ein fremdes noch ein mir vertrautes.
Ein Knurren reißt mich aus meinen Gedanken. Es ist mein Magen. Ein verächtliches Fauchen entgleitet mir. Jenseits der Stäbe sitzen Menschen. Sie halten etwas in der Hand, was sie sich ab und zu in den Mund stopfen. Sie essen und sehen zu, wie ich verhungere! Ich sehe auf meinen Bauch. Deutlich heben sich die Schatten meiner Rippen auf meinen mageren Körper ab.
Mein Leben ist zerstört. Ich bemerke erst jetzt diesen Freiheitsdrang. Ich sehne mich danach, hinter Beute herzujagen, und den Respekt anderer Tiere auszunutzen. Deswegen bin ich nicht böse, aber es bringt die Natur aus dem Gleichgewicht, wenn mich zum Beispiel alle als Kaninchen ansehen würden.
Die Menschen waren an allem schuld, schließlich wäre ich ohne sie nicht hier.
Ohne sie könnte ich fröhlich leben, so, wie es immer war. Die Menschen sind ein Dorn im Auge, und ich war nicht ihr erstes Opfer. Als Junges war ich immer wild auf sie, habe mich gefreut, wenn ich sie sah. Doch meine Vernunft hatte bald die Oberhand. Menschen sind böse und gemein und zerstörerisch und laut.
Ein Leben hier ist alles andere als lustig und fein. Am liebsten hätte ich alle meine Traurigkeit den Menschen hinter den Stäben um die Ohren gebrüllt, so dass ihre Augen feucht würden. Das ist ein Ritual bei Menschen. Ich weiß nicht, wozu das gut sein sollte, aber ich lasse ihnen ihr Vergnügen.
Ich schüttele meine Mähne. Ich verschwende kostbare Zeit an meine Gedanken.
Ich folge den Gitterstäben am Rand. Böse funkel ich die Menschen an, einem entfährt ein Aufschrei. Ich fauche wütend und brülle los. Die Menschen sollten fühlen, wie das Leben hier ist. Es ist eine Qual, und mein Gebrüll ist so etwas wie mein Zwinger. Nur können die Menschen dem Brüllen entfliehen.
Die Menschen sehen mich an und schimpfen, doch ich mache mir nicht die Mühe, die Wörter zu verstehen. Ich fauche noch einmal die Menschen an und folge hoch erhobenen Schwanzes den Gitterstäben.
