Das Testfressen
Vorsichtig schiebt Stella ihren Kopf in den durchsichtigen Futterkasten, steckt ihr rosafarbenes Näschen abwechselnd in die beiden Näpfe vor ihr und beschnuppert die braunen Fleischbröckchen. Beim Fressen ist die Katzendame wählerisch - muss sie auch sein. Denn genau das ist ihr Job. Stella ist Testfresserin. Gemeinsam mit etwa 220 anderen Katzen und rund 90 Hunden lebt sie hier im niedersächsischen Verden an der Aller, im "Pet Center" des Nahrungsmittelkonzerns Mars. Täglich probiert Stella dort das, was sich die Produktentwickler der Firma für sie und ihre Artgenossen ausgedacht haben. Denn die Entwickler möchten wissen: Was schmeckt den Tieren und was nicht? So lassen sie Hunde und Katzen zwischen einer bereits bekannten und einer neu erdachten Futterrezeptur wählen. Oder sie schauen, ob die Testfresser das eigene Produkt aus der Fabrik nebenan bevorzugen - oder das eines Konkurrenten.
Jede Mahlzeit wird dabei genauestens dokumentiert. Eine in Stellas Futterkasten eingebaute Waage registriert zum Beispiel automatisch, für welchen Napf sich die Katze entschieden und wie viel sie daraus verputzt hat. "Wenn wir merken, dass viele Tiere etwas nicht mögen, passen wir unsere Rezeptur an", sagt Jessica Landau, die für die Entwicklung des Futters verantwortlich ist. "Wir wollen ja, dass sich vor allem die Tiere und auch die Besitzer für unser Futter entscheiden."
Woraus besteht das Tierfutter? Und wie sollte der perfekte Haufen sein? Das und mehr erfahrt ihr auf der nächsten Seite.
Tiernahrung - ein Milliardengeschäft
Mit Tiernahrung lässt sich hierzulande nämlich eine Menge Geld verdienen. Knapp drei Milliarden Euro geben die Deutschen pro Jahr aus, um ihre Lieblinge satt zu kriegen. Allein das Mars-Werk in Verden produziert rund 180 000 Tonnen Feucht- und Trockenfutter jährlich. Damit macht das Unternehmen Hunderte Millionen Euro Umsatz. Damit das so bleibt, lassen sich die Hersteller immer wieder Neues für Fiffi und Mieze einfallen. Mittlerweile findet man in den Supermarkt- Regalen für jedes Tier das passende Futter: für junge, erwachsene, alte, sterilisierte, in der Wohnung oder draußen lebende Katzen. Für den Kater mit empfindlichem Magen oder den Hund mit Zahnproblemen. Es gibt Futter für glänzendes Fell und sogar Nahrung mit Zusatzstoffen, die den Hunde-Pups weniger stinken lassen sollen.
Nur Katzenfutter mit Mäusefleisch darin gibt es nicht. Denn dafür müsste man die Nager ja eigens fangen und töten. In Tiernahrung aber steckt nur Fleisch von Tieren, die ohnehin geschlachtet wurden - für uns Menschen nämlich. Allerdings handelt es sich um die Teile von Schwein, Rind, Kaninchen oder Huhn, die wir Zweibeiner nicht so gern essen, etwa Innereien wie Magen, Darm, Milz oder Niere. Weitere Zutaten sind dann vor allem Getreide, Mineralstoffe, pflanzliche Nebenprodukte und Zucker - so steht es auf vielen Verpackungen. Wer dort genauer hinschaut, erkennt aber auch: Wo "Kaninchen" draufsteht, ist längst nicht nur Kaninchen drin. Gerade einmal vier Prozent des Fleisches in der Dose müssen von dem Tier stammen, das der Futtersorte ihren Namen gibt. Im Zweifel steckt in der Dose mit der Aufschrift "Hähnchen" also viel mehr Fleisch von Schwein oder Rind als vom Federvieh.
Das Auge isst mit
Woraus genau das Futter besteht, kann und soll man diesem aber ohnehin nicht so genau ansehen. So formen Maschinen die Fleischmasse in der Fabrik zu sogenannten Chunks, übersetzt: "Bröckchen". Und die erinnern längst nicht mehr an das Innenleben eines Schweins oder Rindes, sondern vielmehr an gekochtes Gulasch.
Stella und den anderen Testfressern sind derlei Äußerlichkeiten herzlich egal. Bei ihnen entscheiden die Nase und der Geschmack: Was gut riecht und gut schmeckt, wird gefressen. "Doch viele Tierhalter möchten, dass die Mahlzeiten ihres Vierbeiners auch appetitlich aussehen. Diesem Wunsch kommen wir nach", sagt Jessica Landau. Entsprechend feilen die Produktentwickler in der Versuchsküche so lange an der Zusammensetzung einer Soße, bis die Fleischbröckchen darin auf der "richtigen" Höhe schwimmen.
Sogar die Farbe der Chunks wird regelmäßig überprüft. Weicht sie von dem ab, was die Farbskala vorgibt, wird bei der Produktion etwa mit Roter Bete oder Blut nachgefärbt. Schließlich soll das "Geschnetzelte mit Kaninchen in feiner Soße" immer gleich aussehen, wenn der Halter den Deckel von der Schale abzieht. Wie viel Kraft er dafür aufwenden muss, ist übrigens ebenfalls exakt festgelegt.
Der perfekte Haufen
Und damit nicht genug. Jessica Landau und ihre Kollegen machen sich sogar Gedanken über das, was bei Hund und Katze am Ende wieder rauskommt - am besten immer der gleiche Sch… Die Ernährung beeinflusst schließlich auch den Kot. Also beäugen die Mitarbeiter des Pet Center die Häufchen von Stella und ihren Kollegen und ordnen sie Kategorien zu - von extrem hart bis komplett flüssig.
Der perfekte Haufen sollte laut Tabelle möglichst kickable - also "wegtretbar" - sein. Denn so können Herrchen und Frauchen das, was vom Futter übrig bleibt, leichter mit der Schaufel aus dem Katzenklo fischen oder in Mülltütchen von der Hundewiese tragen.