Der Wettkampf beginnt
Am Rande des Springparcours
sind fast ein Dutzend Kameralinsen auf Schnuffi gerichtet. Doch fürs Posieren bleibt in diesem Moment keine Zeit. Die Konkurrenz hat vorgelegt, ist schnell und beinahe fehlerlos über die Hindernisse gesprungen. Da muss Schnuffi mitziehen. Er stürmt auf die erste Hürde zu. Kraftvoll drückt er sich vom Boden ab, fliegt über die hölzernen Querbalken und landet sicher - auf seinen vier Pfoten.
Pfoten? Ja, richtig: Pfoten! Denn hier springen nicht - wie üblich - Pferde um die Wette, sondern Kaninchen. "Kaninhop" heißt diese Sportart, die sich schwedische Züchter vor rund 25 Jahren ausgedacht haben. Mittlerweile lassen Kaninchenhalter in verschiedensten Ländern ihre Nager über Hindernisse hoppeln. Es gibt sogar Wettkämpfe, wie hier im thüringischen Jenalöbnitz.
Der Wettkampf beginnt
Schnuffi wird von Besitzerin Luise durch den Parcours geführt, angeleint. Zwei Hürden hat der weiße Rammler mit den schwarzen Flecken und der wuscheligen kleinen Mähne um den Kopf nun schon geschafft, sechs liegen noch vor ihm.
"Los, komm, Schnuffi", spornt Luise ihn an. Schließlich geht es beim Kaninhop auch um Schnelligkeit: Nach spätestens zwei Minuten muss Schnuffi das Ziel erreicht haben. Das Kaninchen hoppelt rasch zur nächsten Hürde, setzt zum Sprung an - verflixt, gerissen. Sofort schießen Luise Erinnerungen an das letzte Training ins Hirn. Und die sind nicht schön.
Denn in der vergangenen Woche - auf dem Trainingsgelände des Thüringer Kaninchensportvereins - klappte es mit dem Springen so gar nicht. Jeden Sonntag trainiert Luise hier mit Schnuffi und ihren anderen Kaninchen Louis, B. A. und Emma. Doch kurz vor der Meisterschaft schien es, als würde Schnuffi das Springen nie lernen. Er riss eine Stange nach der nächsten. Blieb häufig gar teilnahmslos vor einem Hindernis sitzen. "Hoffentlich hat er beim Wettkampf einen besseren Tag", sagte Luise da während einer Pause.
Wird Schnuffis Pechsträhne anhalten oder schafft er es doch noch den Parcours mit möglichst wenig Fehlern zu überwinden? Lest auf der nächsten Seite weiter!
Spaß oder Tierquälerei?
Zurück im Springparcours: Die Pechsträhne hält an. Schnuffi tapst mit der Vorderpfote in einen Wassergraben, statt rechtzeitig abzuspringen, und kassiert erneut einen Fehlerpunkt. Gemurmel im Zuschauerraum. Luise atmet tief durch: nicht verunsichern lassen! Sachte fasst sie ihr Kaninchen unter den Bauch und zieht Schnuffi ein Stück zurück, damit er wieder Anlauf nehmen kann. Das kostet Zeit, Punkte - und Mensch und Tier Nerven.
Spaß für die Kaninchen oder Tierquälerei?
Genau darum stören sich Tierschützer an diesem Sport. Sie empfinden Kaninhop als nicht artgerecht – weil die vielen fremden Menschen und die lauten Geräusche bei Wettkämpfen die Tiere zu sehr stressen würden. "Manche Nachbarn
gucken schon komisch und motzen, wenn sie uns sehen", erzählt Luise. Doch sie und die anderen Kaninhopper sind überzeugt, dass ihre langohrigen Athleten freiwillig springen. Und dass der Sport Spaß bringt - den Kaninchen und ihren Haltern. "Ich lerne dadurch total viel über meine Tiere. Es ist toll zu sehen, was in ihnen steckt", erklärt die 14-Jährige.
Und so lächelt sie auch stolz, als Schnuffi im Wettkampf die nächste Hürde fast beiläufig überwindet. Der Rammler beschleunigt, nur noch zwei Hindernisse bis zum Ziel. Er springt ab, streckt sich, landet sauber, spurtet weiter. Und noch einmal: hopp! Nach 37 Sekunden erreicht er das Ziel - und belegt damit am Ende Platz 15 von 30.
Glücklich nimmt Luise ihr Kaninchen auf den Arm. Bei der Siegerehrung bekommt sie eine Urkunde und eine Medaille. Und Schnuffi? "Für den gibt’s zu Hause ordentlich Grünzeug und natürlich - ganz viel Ruhe."