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Großer Forscher Robert Koch: Der Bakterienjäger

Robert Koch
Robert Koch
© Juulijs / Fotolia
Robert Koch zählt zu den Berühmtheiten der Medizingeschichte. Straßen und Institute sind nach ihm benannt. Denn wie kein Wissenschaftler vor ihm erforschte er Bakterien – jene winzigen Lebewesen, die schwere Krankheiten auslösen können. Doch auch dem großen Arzt und Forscher unterliefen Fehler …

Robert Koch: Ein Superstar des 19. Jahrhunderts

Es ist der perfekte Moment: Im prunkvoll geschmückten „Circus Renz“ in Berlin spricht Robert Koch vor über 5000 Kollegen aus aller Welt. Längst feiern die Menschen den berühmtesten deutschen Arzt seiner Zeit als Superstar: Im Jahr 1882 hat er das Bakterium entdeckt, das die Infektionskrankheit Tuberkulose auslöst. Meist befällt es die Lunge, meist von ohnehin schwachen Menschen. Allein im Deutschen Reich geht jeder siebte Tod damals auf das Konto der Tuberkulose – Jahr für Jahr.

Robert Koch hat herausgefunden, das die Tuberkulose-Bakterien beim Husten, Niesen, Sprechen übertragen werden, durch winzige Spucketröpfchen. Ein riesiger Erfolg, der Robert Koch zu einem riskanten Schritt verleitet: Im Circus Renz kündigt er an, er habe sogar ein Medikament gegen Tuberkulose gefunden, das „Tuberkulin“.

Beweise legt Robert Koch an diesem 14. August 1890 nicht vor. Berichtet nur, Versuche mit Meerschweinchen hätten gezeigt, dass das Tuberkulin wirke. Die Zutaten seien jedoch geheim. Niemand zweifelt an seinen Behauptungen. Schon als junger Landarzt hat er die Bakterien erforscht, die bei Menschen und Tieren den tödlichen Milzbrand (eine Infektionskrankheit, die vor allem Tiere befällt, aber auch Menschen töten kann) hervorrufen.

Mit modernster Technik machte er die winzigen Angreifer sichtbar, indem er sie anfärbte und unter dem Mikroskop fotografierte. Wichtiger noch: Er wies nach, dass die Bakterien als Sporen (widerstandsfähige Dauerformen von Bakterien, die sich bei guten Lebensbedingungen wieder zu ganz normalen Bakterien zurückentwickeln können) lange im Boden überdauern und auf diese Weise die Seuche immer wieder auslösen können. Anschließend kam er dem Tuberkulose-Bakterium auf die Spur, später jenem, das die Cholera auslöst, eine ebenfalls oft tödliche Krankheit, die zu schweren Durchfällen führt.

Mit seiner Forschung revolutioniert Koch die Medizin seiner Zeit. Viele Menschen im 19. Jahrhundert glauben noch daran, dass etwa verschmutzte Luft, üble Gerüche aus dem Boden oder gar böse Geister Krankheiten verursachen. Nun ist bewiesen, dass Bakterien, winzige Lebewesen also, von einem auf den anderen Menschen wandern – und so Seuchen verbreiten.

Robert Koch
Tierversuche: Robert Koch und sein Team erforschen krank machende Bakterien häufig an Meerschweinchen. Diesen Tieren verabreicht der Arzt auch sein umstrittenes Medikament Tuberkulin
© Robert Koch Institut

Robert Koch macht mit dem Tuberkulin Schlagzeilen

Robert Koch will diese besiegen. Mit seiner frisch vorgestellten Wunderwaffe, dem Tuberkulin, macht er weltweit Schlagzeilen. Bis nach New York berichten Tageszeitungen über den Arzt und seine Erfindung. Tausende Menschen strömen nach Berlin, um sich das Mittel spritzen zu lassen – auch vorbeugend. Bald ist in den Krankenhäusern kein Platz mehr, Kaffeehäuser dienen als Ausweich-Heilanstalten. Robert Koch wird gefeiert wie ein Held; Bewunderer kaufen sogar Tassen, Taschentücher und Uhren, auf denen er abgebildet ist.

Dabei ist Robert Koch nicht der einzige Wissenschaftler, der Bakterien erforscht. Er baut auf den Forschungen des Niederländers Antoni van Leeuwenhoek auf und misst sich mit dem französischen Zeitgenossen Louis Pasteur. Sie alle tragen dazu bei, dass die Bakteriologie zu einer der wichtigsten Wissenschaften in der Medizin wird – und noch immer ist.

Heute weiß man: Schätzungsweise fünf Millionen Billionen Billionen (also: 5 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000) Bakterien leben auf der Erde! Allein auf und im Menschen gibt es vermutlich ein Drittel mehr Bakterien als Körperzellen – also knapp 40 Billionen. Die meisten davon sind nützlich und manche gar lebensnotwendig, weil sie etwa unsere Haut schützen oder in unserem Darm Verdauungsarbeit leisten.

Die wenigen Krankmacher unter den Bakterienarten sind teilweise bis heute schwer zu bekämpfen, auch das Tuberkulose-Bakterium. Immer noch sterben zahlreiche Menschen daran, vor allem in ärmeren Ländern, etwa in Indien, Indonesien und China. Gut anderthalb Millionen Tuberkulose-Tote gibt es jährlich.

Robert Koch löst einen Skandal aus

Dass Tuberkulin weder hilft noch heilt, dämmert den ersten Ärzten und Patienten erst einige Monate nach Robert Kochs Auftritt im Circus Renz. Nun will die Öffentlichkeit doch wissen: Woraus besteht das Medikament? Als schließlich Tuberkulose-Patienten dennoch sterben, enthüllt Robert Koch das Rezept. Seine Tinktur ist nichts weiter als ein Extrakt aus Tuberkulose-Bakterien, also eine Flüssigkeit, hergestellt aus abgetöteten Erregern.

Wie es genau wirken könnte, kann Robert Koch auch nicht beantworten. Getestet hatte er es zwar an den erwähnten Meerschweinchen, an sich selbst und an drei weiteren gesunden Menschen und die Nebenwirkungen, ein paar Tage Fieber, als unbedenklich eingestuft. Aber das war es auch schon. Das vermeintliche Medikament bringt ansonsten nichts.

Die Bevölkerung in Deutschland ist entrüstet. Robert Koch ergreift die Flucht ins Ausland, macht eine Forschungsreise. Schließlich bekämpft er die große Cholera-Epidemie in Hamburg, erforscht Malaria und die Schlafkrankheit in verschiedenen Ländern Afrikas und leitet zwischen seinen Reisen das „Preußische Institut für Infektionskrankheiten“ in Berlin, das heute als Robert Koch-Institut (RKI) nach ihm benannt ist.

Sein Eifer lohnt sich: Bald redet kaum noch jemand über den Tuberkulin-Skandal. Im Jahr 1905 erhält er sogar den Nobelpreis für Medizin für die Entdeckung des Tuberkulose-Bakteriums. Was rückblickend beinahe noch mehr erstaunt: Nicht tödliche Bakterien raffen den Arzt eines Tages dahin, obwohl er sein Leben lang mit diesen hantiert hat. Robert Koch stirbt am 27. Mai 1910 friedlich in seinem Schaukelstuhl auf dem Balkon – an Herzversagen.

Dieser Artikel ist Teil unserer dreiteiligen Medizin-Serie und erschienen im Magazin GEOlino Nr. 08/2018 "Meistersänger". Hier könnt ihr einen Blick ins Heft werfen.

GEOlino Nr. 08/2018 - Meistersänger

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