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Buchtipp Buchtipp: Der Zauberer der Smaragdenstadt

Gut nachgemacht: Alexander Wolkows Adaption des amerikanischen Klassikers "Der Zauberer von Oz" zählt - vor allem in Osteuropa - schon lange selbst zu den Klassikern. Ein Buchtipp

"Und dann geschah etwas Sonderbares. Das Haus drehte sich zwei-, dreimal um sich selbst und hob sich langsam in die Lüfte. Dorothy hatte das Gefühl in einem Ballon aufzusteigen." Mit diesen Worten schickt der amerikanische Autor Frank Baum seine Heldin Dorothy auf ihre Reise in das geheimnisvolle Land Oz. Sein Jugendbuch "Der Zauberer von Oz" aus dem Jahr 1900 ist in Amerika bald so beliebt wie "Pinocchio" in Italien oder "Alice im Wunderland" in England.

Und nicht nur in Amerika begeistern Dorothys Abenteuer einen großen Kreis junger Leser. So bekommt die kleine Heldin im Jahr 1939 unerwartet russische Gesellschaft im Zauberland: "Das Häuschen drehte sich zwei-, dreimal im Kreise wie ein Karussell und wurde von einem Wirbelwind erfasst, der es emporhob und fort trug. In der Tür stand, starr vor Schreck, Elli mit Totoschka im Arm", schreibt der Autor Alexander Wolkow.

Die Abenteuer von Elli und Dorothy

Wolkows Kinderbuch "Der Zauberer der Smaragdenstadt" ist in seinen eigenen Worten eine Nachdichtung des amerikanischen Erfolgstitels. Böse ausgedrückt, könnte man es auch als Kopie bezeichnen. Im Großen und Ganzen nehmen die beiden Geschichten denselben Verlauf: Ein Wirbelsturm verschlägt ein kleines Mädchen zusammen mit ihrem Hund in eine märchenhafte Welt. Zurück in die Heimat geht es von dort nur mit der Hilfe eines mächtigen Zauberers. Auf der Suche nach seinem Schloss finden die beiden Reisenden glücklicherweise in einem Löwen, einer Vogelscheuche und einem Eisenmann gute Weggefährten. Nach zahlreichen Abenteuern mit fliegenden Affen, Säbelzahntigern und Menschenfressern treffen die Fünf am Palast des Zauberers ein. Doch für die Erfüllung ihrer sehnlichsten Wünsche stellt der Magier den Freunden eine Bedingung: Zunächst einmal sollen sie für ihn die Böse Hexe des Westens besiegen.

Der Zauberer der Smaragdenstadt

"Liebe Kinder," schreibt Wolkow in seinem Nachwort, "vieles an dem Buch 'Der Zauberer von Oz' hat mir gefallen, manches nicht. Was mir gefallen hat, habe ich in mein Buch aufgenommen, was mir nicht gefiel, habe ich weggelassen, und außerdem noch einiges hinzugefügt". Als Wolkow im Jahr 1939 damit beginnt das Märchen "Der Zauberer von Oz" "als kleine Sprachübung" ins Russische zu übersetzen ist er bereits 40 Jahre alt und arbeitet als Mathematik-Professor an einer Universität in Moskau. Mit viel Freude zum Fabulieren geht der gebürtige Kasache ans Werk: Ändert Namen, malt Dialoge aus, streicht ganze Kapitel und dichtet neue Abenteuer hinzu.

Buchtipp: Das Buchcover zu "Der Zauberer der Smaragdenstadt"
Das Buchcover zu "Der Zauberer der Smaragdenstadt"
© LeiV Leipziger Kinderbuchverlag

Kein typisches Ost-Block-Plagiat

Wolkows größter Verdienst aber besteht in der lebendigen Sprache mit der er Baums Klassiker eine neue Färbung gibt. Damit weckt der Autor auch das Interesse des Verlegers Samuil Jakowlewitsch Marschak. Schnell steht für ihn fest: Die amerikanische Vorlage ist nur ein Märchen. Wolkows Helden agieren viel ungezwungener und lustiger. Damals setzt sich Marschak mit einem recht freien Verlagsprogramm verdienstvoll gegen die typischen Ost-Block-Plagiate ein: Denn der Buchmarkt der ehemaligen Sowjetunion war überschwemmt von ideologisch aufgeladenen Nacherzählungen. Zum Glück aber unterscheiden sich die Geschichten von Wolkow und Baum in ihrer Stoßrichtung kaum: Bei Wolkow werden lediglich Freundschaft und Hilfsbereitschaft stärker betont. So kann die Heldin Elli erst an ihre Heimreise denken, wenn sie es schafft drei Wesen bei der Erfüllung ihrer größten Wünsche zu unterstützen.

Fazit

Alexander Wolkows Kinderbuch "Der Zauberer der Smaragdenstadt" ist eine sehr liebevoll gestaltete Adaption von Frank Baums bekanntem Klassiker. Seit seinem Erscheinen im Jahr 1939 hat dieses spannende und lustige Buch besonders in Osteuropa viele begeisterte Leser gefunden. Die Geschichte besticht durch die geistreichen Dialoge der drolligen Helden im steten Kontrast zu den gruseligen Begegnungen mit Menschenfressern und vielen anderen Schreckgestalten. Zudem werden die phantasievollen Figuren in den farbigen Illustrationen von Leonid Wladimirski auf wunderschöne Weise in Szene gesetzt. Nebenbei vermittelt dieses Kinderbuch seinen Lesern eine wichtigste Botschaft - Selbstvertrauen, lautet diese. So zieht an Eillis Seite ein Löwe in die Smaragdenstadt um sich vom Zauberer Godwin Mut zu wünschen. Der Eisenmann träumt von einem liebenden Herz und die Vogelscheuche von einer Portion Grips. Dabei stolpern die drei komischen Helden von Abenteuer zu Abenteuer und beweisen, dass es ihnen weder an Mitgefühl, Tapferkeit noch Verstand fehlt - So bleibt dem großen Zauberer Godwin am Ende wenig zu tun.

Alexander Wolkow: Der Zauberer der Smaragdenstadt. Leipziger Kinderbuchverlag, ab 10 Jahren, 14,90 Euro

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