Ob bei einem Waldspaziergang oder im eigenen Garten – Eichhörnchen begegnen uns in Deutschland in allen Regionen. Doch am liebsten leben sie in Wäldern mit hohen Nadelbäumen, sind aber auch in Laubwäldern oder Parks zu finden. Neben den Grauhörnchen, die u.a. in England vorkommen, begegnen wir in unseren Breitengraden vor allem dem rot-braunen Eichhörnchen. Doch habt Ihr schon einmal ein wenige Tage altes Eichhörnchen gesehen?
Jedes Jahr zwischen März und August erblicken sie das Licht der Welt. Hörnchen sind Einzelgänger, doch im Frühling nähern sich Männchen und Weibchen alljährlich an. Das Weibchen verströmt dabei einen Duftstoff, der den Partner anlockt. Verspielt jagt sich das Pärchen in den Baumkronen nach. Oft dauert es Tage, bis es zur Paarung kommt. Im Anschluss verlässt das Männchen seine Partnerin jedoch bald. Der Weggang erfolgt in beiderseitigem Einverständnis: Geht der Mann nicht freiwillig, wird er spätestens nach der Geburt von dem Weibchen verjagt, das seinen Nachwuchs alleine aufzieht.
Geburt hoch oben im Baumwipfel
Nach einer Tragzeit von rund 40 Tagen werden meist zwei bis sechs Junge geboren. Liebevoll kümmert sich die Eichhörnchenmutter um ihre Babys. Hoch oben im Baumwipfel hat sie ihr Nest gebaut. Der sogenannte Kobel ist von innen mit Moos und Gräsern gepolstert, um die noch winzigen Hörnchen, die bei der Geburt gerade einmal 8 Gramm wiegen, zu schützen. Im Gegensatz zu Vogelnestern ist die Öffnung des Nestes unten, damit die Eichhörnchen bei Gefahr schnell hineinklettern können. Auch Baumhöhlen sind ein beliebtes Zuhause für Hörnchen.
Die kleinen Nager sind kurz nach der Geburt noch vollkommen nackt und auf die Mutter angewiesen. Erst nach drei Wochen schützt sie ein weicher Haarflaum, bevor sie eine Woche später die Augen zum ersten Mal öffnen. Auch die ersten Zähne brechen jetzt durch. Gerade rechtzeitig, um sechs Wochen nach der Geburt mit ihrer Mutter die ersten Schritte außerhalb des Kobels zu unternehmen. Nun geht die Entwicklung der Kinder rasch voran. Nach acht bis zehn Wochen werden die Nesthocker nicht mehr gesäugt und suchen selbständig ihre Nahrung – am liebsten Nüsse, Beeren, Bucheckern, Pilze oder Fichtenzapfen. Wie die Murmeltiere sitzen auch die Hörnchen beim Essen aufrecht und umklammern die Haselnüsse fest mit ihren Greifzehen.
Auf Entdeckungstour
Zu Beginn des jungen Eichhörnchenlebens wird die Welt zusammen mit der ganzen Familie erkundet. Neugierig hüpfen sie von Ast zu Ast. Dabei hilft ihnen ihr kräftiger Schwanz, das Gleichgewicht zu halten. Auch die feinen Sinneshaare seitlich am Körper dienen der besseren Orientierung. Bei ihrem Spiel in den Baumwipfeln bleiben die Kleinen in den ersten Monaten aber immer in der Nähe des Nestes. Die Eichhörnchenmutter ist bei Gefahr sofort zur Stelle, um die Kinder in ihrem Maul in Sicherheit zu bringen.
Aufzucht von Findelkindern
Nicht selten fallen Eichhörnchenbabys aus ihrem Nest. Hat die Hörnchenmutter die lauten Pfiffe, mit denen das Kleine auf sich aufmerksam machen will, nicht gehört, müsst Ihr schnell zu Hilfe eilen. Das Wichtigste ist jetzt, dass Ihr die kleinen Tiere mit euren Händen wärmt. Bittet eure Eltern mit euch zum Tierarzt zu fahren, falls das Hörnchen verletzt ist. Weist es keine Verletzungen auf, setzt Ihr es am besten wieder an die Fundstelle, und beobachtet aus einiger Entfernung, ob die Mutter zu ihm kommt. Der menschliche Geruch wird sie nicht stören.
Falls das Kleine nach einiger Zeit immer noch alleine ist, solltet Ihr es in Eure Obhut nehmen. Schaut genau hin, ob sich in der Nähe noch weitere Geschwister verstecken. Auch wenn es hungrig aussieht, darf das Eichhörnchen nicht sofort Nahrung bekommen. Sein Kreislauf ist gerade nicht mehr an Essen gewöhnt und es würde unter Krämpfen leiden. Wichtiger ist jetzt die Flüssigkeitszufuhr. Zusammen mit Euren Eltern könnt Ihr dem Hörnchen lauwarmes, abgekochtes Wasser mit einer Prise Salz und einem Teelöffel Traubenzucker geben. Am besten verwendet Ihr dazu eine Spritze. Erst wenn es wieder zu Kräften gekommen ist, könnt Ihr es mit Aufzuchtsmilch aus der Apotheke oder vom Tierarzt füttern. Das Eichhörnchenbaby liegt dabei bäuchlings auf Eurer Hand. Hungrig wird es die Futterquelle mit seinen Pfoten umfassen. Geht sehr vorsichtig vor, damit es sich nicht verschluckt.
Um ein Eichhörnchenfindelkind aufzuziehen, müsst Ihr sehr viel Geduld mitbringen. Am Anfang wird es sich noch sträuben, doch nach kurzer Zeit werdet Ihr sein Vertrauen gewinnen. Nach der Fütterung liebt das Eichhörnchen eine Bauchmassage. Das fördert seine Verdauung, und es wird zufrieden und gesättigt einschlafen.
Um das Eichhörnchen zu wärmen, setzt Ihr es auf eine weiche Decke, unter die Ihr eine Wärmflasche oder ein Körnerkissen legen könnt. Als Schlafplatz dient eine Holzkiste, die mit einem Gitter abgedeckt wird. Das Findelkind braucht zu Beginn viel Nähe und Geborgenheit. Deswegen solltet Ihr es tagsüber in einem Beutel nah an Eurem Körper tragen. Achtet dabei darauf, dass es genug Luft bekommt.
Bevorstehende Auswilderung
Ab der sechsten Lebenswoche wird das Eichhörnchen zusehends lebhafter. Neugierig wird es das neue Zuhause erkunden. Ein kleines Gehege in der Größe eines Schranks, ausgestattet mit Zweigen und Ästen, bietet den idealen Spielplatz. Doch ab der achten Woche braucht es mehr Raum zum Umhertollen. Vielleicht bauen Eure Eltern mit Euch ein Außengehege, in dem das Eichhörnchen langsam auf seine Auswilderung vorbereitet werden muss. Im Garten könnt Ihr dann jeden Tag beobachten, wie es verspielter wird und sich langsam an kleine Äpfel- und Möhrenstücke wagt.
Auch wenn es Euch schmerzen wird: Nach drei Monaten ist es Zeit, das gesunde Findelkind wieder in die freie Natur zu entlassen. Einige Tage zuvor solltet Ihr langsam auf Distanz gehen, um das Kleine auf seine Eigenständigkeit vorzubereiten. Bei gutem Wetter kann das Eichhörnchen dann freigelassen werden. Neugierig wird es sein Gehege verlassen und auf die umstehenden Bäume klettern. Manchmal kehrt es am Abend zurück, um in seiner gewohnten Umgebung zu schlafen. Doch schon nach kurzer Zeit wird das Eichhörnchen in die Wälder ziehen, um eine eigene Familie zu gründen.