Pilze Planet der Pilze
Auf dem Ast der toten Buche drängt sich eine Armee von "Rothelmen". Gerade so, als wäre mitten im Wald ein Ufo gelandet und hätte sie ausgespuckt. Es sind aber keine Außerirdischen, die das modrige Holz in Beschlag genommen haben, sondern - Pilze. Lebewesen, die sich jedoch viel mehr unterirdisch, im Holz und im Boden, breitmachen. Denn das, was bei manchen Arten auf den Stämmen, bei anderen aus der Erde sprießt, ist nur ein kleiner Teil des ganzen Pilzes: Hut und Stiel bilden den Fruchtkörper. Den brauchen Pilze, um sich zu vermehren. Unter Tage oder in toten Bäumen aber spannt sich ein feines, weit verzweigtes Netz aus winzigen Fäden, Mycel genannt.

Er sieht hübscher aus, als sein Name klingt. Den verdankt der Buchenschleimrübling seinem glitschigen Hut
Ganze Wälder können die unterirdischen Geflechte eines einzigen Pilzes durchziehen. Der vermutlich größte wuchert im US-Bundesstaat Oregon auf neun Quadratkilometern, einer Fläche so groß wie 1360 Fußballfelder! Wissenschaftler schätzen, dass der Gigant - ein Dunkler Hallimasch - rund 600 Tonnen wiegt, so viel wie drei Blauwale. Damit ist weder eine Pflanze noch ein Tier das größte Lebewesen der Erde, sondern ein Pilz.

Kirschrot, kiwigrün und safrangelb leuchtender Pilz aus der Gattung der Saftlinge
Dass der so riesig wurde, liegt sicher auch daran, dass Pilze ziemlich "gefräßig" sind. Zwar bewegen sie sich keinen Millimeter vom Fleck weg. Mit ihrem Mycel jedoch wachsen sie auf ihre "Beute" zu. Auf Laub etwa, abgefallene Äste - oder eben eine tote Buche. Die Fäden umwuchern den Stamm und zersetzen dessen Holz nach und nach. Sogar "fleischfressende" Pilze gibt es.
Weil Pilze - anders als Tiere - weder Mund noch Magen und Darm haben, sondern sie zur Verdauung Eiweiße ab, die die Beute in verwertbare Nährstoffe zerlegen. So können die Pilzfäden Laub, Holz und sogar Würmer einfach "aufschlürfen". Pilze arbeiten auf diese Weise als Müllabfuhr und Resteverwerter im Wald, egal ob sie Pflanzen oder Fleisch bevorzugen.
So lebensnotwendig das für die Pilze selbst ist - auch Pflanzen und Tiere haben etwas davon: Indem die Hutträger beispielsweise Blätter zersetzen, stellen sie Mineralstoffe wie Magnesium und Kalium für Bäume und anderes Grünzeug bereit. Ohne Pilze verschwänden diese Stoffe für lange Zeit unnutzbar im Waldboden. Das Leben, so wie wir es kennen, gäbe es nicht.
Darum "suchen" sich auch fast alle Pflanzen einen Pilz als Partner. Eine Lärche und ein Lärchenröhrling passen beispielsweise gut zusammen. Es ist ein Geben und Nehmen: Der Baum stellt seinem Pilz über die Wurzeln Energie in Form von Zucker bereit. Den können Pilze nämlich nicht selbst erzeugen. Im Gegenzug versorgt der Pilz den Baum mit Mineralstoffen und Wasser. Ohne dieses Tauschgeschäft im Untergrund könnten viele Bäume nicht richtig wachsen.

Ohne Schirm und Stiel sprießt die Steife Koralle zwischen Hochsommer und Herbst im Unterholz von Nadelwäldern. Wie alle Pilze ist sie näher mit Tieren als mit Pflanzen verwandt
Nicht immer ist die Partnerschaft allerdings ausgeglichen. Manche Pilze schmarotzen sich als Parasiten durch den Erdboden. Sie zapfen die Wurzeln eines Baumes an und nutzen ihn als Zuckerlieferant, ohne eine Gegenleistung zu bringen. Auch der Dunkle Hallimasch aus Oregon hat schon manchem Baum Saft und Kraft aus dem Stamm gesaugt.
Zum Glück sind seine Verwandten in unseren Wäldern deutlich kleiner. Und gerade jetzt, im Spätsommer und Herbst, werden die Jäger unter Tage selbst zu Gejagten: Die hübschen Hutträger sind als Speisepilze beliebte Sammelobjekte.
Pilze sammeln - aber richtig!

Gut behütet sind die Sporen beim Violetten Lack-Trichterling. Wie bei allen Ständerpilzen - zu denen etwa auch der Champignon gehört - sitzen sie in den Lamellen auf der Unterseite des Huttes
