Um Lemminge ranken sich zahlreiche Legenden. Eine besagt, die Tiere würden sich selber umbringen, indem sie sich von Klippen ins Wasser stürzten. Völliger Quatsch! Tatsächlich sind die Nager gute Schwimmer und paddeln locker zwei, drei Kilometer am Stück
Gras? Lecker! Moos? Noch besser! Beeren? Rein damit! Berglemminge futtern, was der Boden hergibt: tags wie nachts, sommers wie winters. Dabei wiegen die pummeligen Pelzkugeln selbst maximal so viel wie eine Tafel Schokolade! Doch Mähdreschern gleich rasieren sie die Landschaft im Norden Europas. Und fressen, fressen, fressen - das Siebenfache ihres Körpergewichts täglich. "Dass Lemminge auf die Pflanzenwelt einen großen Einfluss haben, ist nicht neu", sagt Hans Tømmervik vom Fram-Center, einem Institut für Klima- und Umweltforschung im norwegischen Tromsø. "Aber wir haben nun herausgefunden, dass man die Zerstörung aus dem All sehen kann." Satellitenbilder von Nordschweden und Nordnorwegen zeigen in manchen Jahren tatsächlich kahle Stellen, wo sich Berglemminge die Bäuche vollgeschlagen haben. Massenweise. Denn nur rund ein Drittel des Grünzeugs, das die Tiere vertilgen, kann ihr Körper zur Energiegewinnung nutzen. Den Rest köteln sie wieder aus - und knabbern schon am nächsten Grashalm. Guten Appetit!
Friede? Nicht immer verlaufen Begegnungen zwischen Lemmingen harmonisch. Die Wühlmäuse verteidigen ihr Revier, denn am liebsten leben sie allein. In der kargen Landschaft des Nordens müssen sie stets wachsam sein: Überall könnten Fressfeinde wie Hermelin, Polarfuchs oder Schnee-Eule lauern
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Die Folgen dieses Heißhungers fallen jedoch nur alle drei bis fünf Jahre auf, wenn Forscher von einem Lemmingjahr sprechen. Wenn die Weibchen also mehr als fünfmal werfen, dabei im Schnitt sieben Junge auf einmal, und das sogar im Winter unter der Schneedecke! Und wenn als Folge davon viel mehr Lemminge als gewöhnlich die Landschaft abgrasen. Warum aber schwankt die Zahl der Tiere so heftig? Manche Forscher meinen, die winzigen Wühler knabberten während eines Lemmingjahres den Boden so stark ab, dass der folgende Futtermangel Grund für den Rückgang des Bestandes sei. Andere Wissenschaftler glauben, die Fressfeinde - allen voran Hermelin, Schnee- Eule und Polarfuchs - seien schuld daran: In Jahren mit vielen Lemmingen vermehren sich nämlich auch die Räuber rapide, weil ihnen die Beute so zahlreich vor Schnauze und Schnabel huscht. Dann schnappen sich die Jäger so viele Wühler, dass sich deren Bestand verringert. Damit allerdings auch bald der eigene, weil die Fressfeinde irgendwann kaum noch Beute finden. Gut für die Lemminge: Sie können sich erneut ungehindert vermehren. Und das Ganze beginnt von vorn. Hans Tømmervik und seine Kollegen werden das Fressen und Gefressenwerden weiter beobachten - auf der Erde und vom All aus. Denn nur so können die Forscher den Einfluss der kleinen "Mähdrescher" auf die Natur im hohen Norden verstehen.
Werkzeug: Mit ihren Schneidezähnen können Lemminge prima grasen, mit den Krallen perfekt graben: gepolsterte Baue im Sommer zum Beispiel und Schneehöhlen samt Tunneln im Winter