Wie kamt ihr auf die Idee einen Ballon mit Kamera ins All fliegen zu lassen?
Marcel: Zufällig sah ich, als ich auf der Suche nach Aufnahmen von der Erde aus dem Weltraum war, Fotos von amerikanischen Studenten, die eine Kamera ins All schickten. Sie schafften es mit relativ einfachen Mitteln diese Aufnahmen zu bekommen. Von dieser Idee war ich begeistert.
Allerdings nicht nur begeistert, sondern auch so angetan, dass du es selber umsetzen wolltest. Wie gelang das?
Marcel: Ich sprach meine Freunde Tobias Lohf, Tristan Eggers, Marvin Rissiek und Tobias Stodieck an, denn mit ihnen drehe ich in meiner Freizeit gerne Filme. Sie sagten sofort zu. Fortan trafen wir uns jede Woche einmal und planten den Flug.
Sicherlich viel Vorbereitung, oder?
Tobias: Ja, es gab wirklich viel zu bedenken. Die größte Frage war: Wie soll die Kamera in den Himmel steigen? Letztendlich war es relativ naheliegend: Wir wählten dafür einen Wetterballon. Doch in der Höhe, in die wir die Kamera schickten, herrschen Temperaturen von -60 Grad Celsius.
Wie überstand die Kamera das?
Tobias: Wir bauten für die Kamera einen Styroporkasten, denn der isoliert. Zudem legten wir in den Kasten zur Sicherheit noch Wärmekissen hinein, so dass weder Kamera noch Akkus und Batterien in den lausigen Temperaturen erfrieren und den Geist aufgeben.
Am 30. April 2011 kam euer großer Tag…
Marcel: Ja, dann war es soweit. Früh morgens bereiteten wir alles vor: Füllten den Wetterballon mit Helium und vergewisserten uns mehrmals, dass die Kamera wirklich aufzeichnete. Und dann stieg der Ballon in die Höhe.
Doch darf man einfach so einen Ballon in den Weltraum schicken?
Marcel: Nein, das darf man nicht. Ich habe deswegen Kontakt mit der Deutschen Flugsicherung aufgenommen. Denen musste ich unser Vorhaben ganz ausführlich schildern. Da unser Ballon aber mehr als ein halbes Kilo wog und damit als ein richtiges Flugobjekt galt, bekamen wir eine Flugfreigabe. Damit haben wir uns rechtlich abgesichert.
Wie verlief der Flug?
Tobias: Zwei Stunden betrug die Steigzeit. Dann befand sich der Ballon in einer Höhe von 30 Kilometer. Das ist dreimal höher als die großen Flugzeuge fliegen. Dort oben platzte der Ballon. Da wir allerdings einen Fallschirm an die die Kamera befestigten, landete die Kamera sicher auf der Erde – nach 153 Minuten Flugzeit.
Allerdings landete die Kamera ja nicht am Startplatz. Wie habt ihr sie daher wiedergefunden?
Marcel: Wir legten zur Kamera in die Kiste ein GPS-Sucher hinein, denn das ist die genaueste Möglichkeit, einen Gegenstand zu orten. Das Gerät sendete uns Daten, wo sich die Kamera befand. So konnten wir sie schnell orten. Da die Winde in der Luft die Kamera umher trieb, landete sie nicht am Startplatz, sondern 80 Kilometer entfernt.
Die Wartezeit war sicherlich ganz schön aufregend für euch?
Tobias: Wir warteten gespannt und haben sehr gebangt. Das erste, was wir prüften, als wir die Kamera fanden, war, ob sie noch aufzeichnete. Das tat sie und darüber freuten wir uns riesig. Leider hatten wir keinen Laptop dabei, um die Aufnahmen sofort anzuschauen. So mussten wir uns die gesamte Rückfahrt gedulden.
Und als ihr die Aufnahmen dann endlich gesehen habt?
Tobias. Wir waren überwältigt. Wir glaubten nicht, dass diese Aufnahmen wirklich von uns stammten. Das wir tatsächlich den gesamten Flug filmen konnten, ist der Wahnsinn. Auf den Bildern sieht man genau, wie die Kamera abhebt, man sieht die Erdkrümmung, Dunkelheit, schwarze Atmosphäre und dann wieder Sonnenschein. Als wir das sahen, waren wir sprachlos.
Wie geht es weiter?
Marcel: Aus den Aufnahmen haben wir einen Film geschnitten. Den wollen wir für einen Filmwettbewerb zum Thema Freiheit einreichen. Mal sehen, wie er aufgenommen wird.
Jetzt weckt ihr auch bestimmt bei anderen Interesse, selber mal einen Weltraumfilm zu drehen. Kann man das Projekt einfach nachahmen?
Tobias: Wir sind alle Studenten beziehungsweise Auszubildende - lustigerweise keine Physiker, sondern Banklehrlinge, Mechatroniker, Medieninformatiker und Soziologen. Und - wie die meisten Studenten - haben wir wenig Geld. Daher waren wir gezwungen, das Projekt günstig umsetzen. Insgesamt kostete uns die Sache ausgenommen der Kamera 100 Euro. Wenn ihr also weltraumbegeistert seid und gerne tüftelt, könnt ihr das Projekt wiederholen. Aber denkt daran: das vorher muss man sich bei der Flugsicherung das OK holen. Sonst ist das Unterfangen illegal und gefährlich.
