Schrecklich Schöne Sehnsucht (von Pantalaimon)
Die kalten Fliesen sind ein angenehmer Gegensatz zu der Wärme, die mir das Feuer in dem großen Kamin entgegenstrahlt. Mit heißem, gerötetem Gesicht schaue ich in die lodernden Flammen, die brennende Glut, die aussieht wie flüssiges Gold. Es ist das gleiche Feuer wie damals.
Die züngelnden Flammen, welche die Kälte des Winters vertreiben. Es liegt sogar ein bisschen Schnee. Wie damals. Nur weniger. Das Feuer brannte in einem Ofen, klein und alt, nicht wie jetzt, in einem großen, marmornen Kamin. Und es lag viel mehr Schnee, damals. Es liefen immer Fußballspiele im Fernsehen. Oder Westernfilme. Wir beide hassten es, aber das interessierte ihn nicht. Er machte immer das, was er wollte. Aber das machten wir ja auch.
Wir. Ich lächle. Ich lächle, weil es schöne Erinnerungen sind. Weil ich sie so sehr liebe, immer noch, selbst jetzt, da ich schon so lange nicht mehr mit ihr gelacht hab. So lange schon hab ich sie nicht mehr gesehen, sie nicht mehr getröstet, keine Dummheiten mehr mit ihr gemacht. Eine einsame Träne rollt über meine Wange. Es sind schöne Erinnerungen, aber es sind doch nur Erinnerungen.
Ich vermisse sie so sehr. Ich vermisse, wie sie immer meine Kleider, meinen Schmuck und meine Schminke benutzt hat, natürlich ohne mich zu fragen. Ich vermisse, wie sie sich über die schlechte Politik aufgeregt hat und wie sie sich gefreut hat, wenn wir das Auto bekommen haben, um Abends auszugehen.
Ich vermisse sogar ihn, obwohl er so oft schlecht gelaunt war. Ich vermisse seine lichten Haare, seinen dicken Bauch, sein Verhalten, das mich sonst immer so aufgeregt hat. Papa bringt mir einen Espresso, aber es ist nicht dasselbe. Damals war unten noch der Kaffeesatz drin, und dann haben wir uns daraus die Zukunft gelesen. Es war ein Ritual. Unser Ritual. Auch wenn es Unsinn war, und auch, wenn es eigentlich scheußlich geschmeckt hat. Es war einfach unser Ritual.
Ich denke an die Ferien, die wir zusammen verbringen wollten. Aber er hatte einen Unfall, das Auto ist kaputt. Jetzt hat sie nicht mehr genug Geld, um zu kommen. Wieder einmal vergeht die Zeit, in der wir uns hätten sehen können. Wieder einmal vergeht sie, ohne dass wir uns sehen. Nächsten Sommer, sage ich mir. Nächsten Sommer setze ich mich in ein Flugzeug und fahre zu ihr, endlich.
Ein Jahr, denke ich. Ein Jahr wird dann vergangen sein, seit wir uns das letzte mal gesehen hatten. Ein Jahr, denke ich, und verdamme diese schrecklich schöne Sehnsucht, die mich weinen lässt, weil ein Jahr so schrecklich lang ist und die mich gleichzeitig lächeln lässt, weil es so schön ist, sie dann endlich, endlich wiederzusehen.