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Bretter, die die Welt bedeuten (Peppi 31.07.2007)

Es ist totenstill.

Sie hielt den Atem an, spürte ein Kribbeln im Bauch.

Als würden Flugzeuge dort herumfliegen.

Vorsichtig spähte sie durch den Vorhang.

Draußen sah sie viele, viele gespannte Gesichter.

Ihr wurde immer gesagt, man solle die Zuschauer nicht angucken, da man davon noch nevöser wurde.

Manchmal hatte sie auch versucht, sie sich in gepunkteter Unterwäsche vorzustellen, doch das fand sie irgendwie gemein.

Ihr würde es an ihrer Stelle jedenfalls nicht gefallen.

Sie hatte das Gefühl, ihre Gedanken gingen furchtbar wirr durcheinander, hin und zurück, schlugen Saltos und verflüchtigten sich dann ganz.

Sie fühlte sich leer und allein.

Wie lange hatte sie auf diesen Augenblick gewartet. Jetzt hatte sie ihre Chance, die größte in ihrem Leben vielleicht. Und sie würde sie nutzen. Langsam öffnete sich der rote Samtvorhang. Entschlossen und ruhig trat sie hinaus, in ihre eigene private Welt. Auf die Bretter, die die Welt bedeuteten. Sie spürte die Anspannung, die Neugier und die Erwartungen der Zuschauer, die wie ein silbernen Nebel in der Luft lag und vor ihrem Gesicht schwebte.

Sie holte kurz Luft. Für einen Herzschlag lang hatte sie panische Angst, den Text vergessen zu haben. Doch dann erklang ihre Stimme und die Welt löste sich auf in tausend Farben und Töne, viele, schöne Töne.

Sie waren überall, umschlossen sie und trugen sie hinauf zum Himmel.

Alles bestand nur noch aus Tönen. Ihre Stimme war so hell und klar und rein, klang mit der sanften Klavierbegleitung so schön in ihren eigenen Ohren, viel schöner als sie es sich jemals hätte erträumen können. Die Zuschauer nahm sie nicht mehr war, so schnell begann sich alles um sie herum zu drehen. Plötzlich war es vorbei. Die Töne verstummten und sie war wieder in ihrem kleinen, geliebten Theater, sah in die Gesichter der Zuschauer. Für einen Augenblick herrschte Stille.

Dann brauste ein Applaus über sie hinweg wie eine große Welle, der sie mitnahm und erneut weit weg brachte.

Sie lächelte. Das war alles, was sie tun konnte um auszudrücken, wie glücklich sie war. Am liebsten wäre sie in die Luft gesprungen.

Der Applaus, ihr Applaus, ihr eigener, berührte etwas in ihrem Herzen, von dem sie nicht vermutet hatte, dass es dort war.

Sie war glücklich. So glücklich.

Alle Jahre des Verlusts und der Entbehrungen waren vergessen.

Alles war rosa.

Sie lächelte erneut. Und als die die Bühne verließ, wusste sie, dass sie ihren Platz in der Welt gefunden hatte.

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