Frischlinge gehören zu den verletzlichsten Tierkindern in unseren Wäldern. Doch bis zu ihrer Geburt geht es ziemlich rabiat zu! Schon von Weitem könnt ihr das Rascheln im Dickicht hören. Wie jedes Jahr zwischen November und Februar kommt es in der sogenannten Rauschzeit zu heftigen Rivalitätskämpfen zwischen den Wildschweinmännchen. Im Kampf um ein Weibchen scharren sie mit ihren Hinterbeinen und zeigen die Eckzähne. Mit aufgestellten Borsten und gesenktem Kopf umkreisen sich die Keiler, bevor sie mit ihren Schultern aneinanderstoßen. Das Imponiergehabe findet erst ein Ende, wenn eines der Wildschweine die Flucht ergreift.
Doch damit hat der Keiler das Wildschweinweibchen noch lange nicht für sich gewonnen. Ist die Bache nicht zur Paarung bereit, stößt sie Abwehrlaute aus und hält sich den Keiler vom Leib. Das Wildschweinmännchen gibt nicht auf – vorsichtig folgt es der Wildschweindame, versucht, den Körperkontakt zu halten und legt seinen Kopf auf ihren Rücken.
Familienbande
Während Keiler meist als Einzelgänger leben, führt die Leitbache ihre Familie an. Meist ist es das älteste Weibchen, nach dem sich die Paarungsbereitschaft aller Bachen richtet. So kündigt sich im Frühling der Nachwuchs gleich mehrerer Familien an. Durch den Zusammenhalt und die gegenseitige Fürsorge steigen die Überlebenschancen der Wildschweinbabys.
Nach einer Tragzeit von 3,5 Monaten bringt die Wildschweindame bis zu sieben Junge auf die Welt. Um die kleinen Frischlinge zu gebären, trennt sie sich schon Tage vor der Geburt von der Rotte und bereitet ein Nest. Dabei geht sie sehr geschickt vor. In sumpfigen Gebieten baut das Wildschwein den Wurfkessel auf eine Erhöhung, damit er trocken bleibt. Das mit Gras gepolsterte und mit einem Dach versehene Zuhause der kleinen Wildschweine ist stets gen Süden ausgerichtet, um von der Sonne gewärmt zu werden.
In den ersten Tagen nach der Geburt bleibt die Mutter mit ihrem Nachwuchs im Nest. Noch sind die Kleinen sehr kälte- und nässeempfindlich. Ihr Deckhaar ist viel weicher als das ausgewachsener Wildscheine. Dadurch ist ihre Wärmeregulation noch nicht vollständig ausgebildet. Eng schmiegen sie sich an ihre Geschwister und wärmen sich gegenseitig.
Ideale Tarnung
Das gelbbraune Fell der Frischlinge bietet dagegen eine gute Tarnung, wenn sie bei gutem Wetter nach zwei bis drei Wochen das erste Mal den Wurfkessel verlassen. Jedes Wildschweinbaby hat seine eigenen charakteristischen Streifen, die von den Schulterblättern bis zu den Hinterbeinen verlaufen. In den ersten drei bis vier Monaten können sich die Jungtiere mit diesem Fell sehr gut im dichten Unterholz verstecken.
Auf ihren ersten Ausflügen durch die Wälder bleiben die Frischlinge immer in der Nähe ihrer Mutter. Ihr ausgeprägter Geruchssinn hilft ihnen, sie jederzeit zu erschnüffeln. Flink folgen sie ihr, um jede Stunde ihre Milch zu bekommen. Dabei hat jedes seine Lieblingszitze, die es vehement gegen seine Geschwister verteidigt. Zu Beginn des Frischlingslebens lockt die Bache ihre Kleinen noch mit einem Grunzen. Doch schon bald quieken die Schweinchen ungeduldig, um ihren Hunger zu stillen. Schon im Herbst haben sie ihr Gewicht von einem auf 20 bis 30 Kilogramm gesteigert!
Nach wenigen Wochen ernähren sich die Frischlinge bereits von fester Nahrung. Zu ihrer Leibspeise zählen Pilze, Blätter, Früchte, Kräuter und ganz besonders Eicheln. Wildschweine ärgern so manchen Bauern, wenn sie auf der Futtersuche Kartoffeln, Blumenzwiebeln und Getreide auf den Feldern ausgraben.
Doch am liebsten mögen es die kleinen Frischlinge, in der Sonne zu dösen. Dabei liegen sie mit ausgestreckten Beinen auf dem Bauch und träumen vielleicht von dem nächsten Ausflug mit der Wildschweinmama. Und wenn ihr das nächste Mal im Wald spielt und ganz genau hinseht, könnt ihr die Frischlinge vielleicht entdecken. Aber schön vorsichtig sein! Die Wildschweinmama kann ganz schön böse werden, wenn sie das Gefühl hat, dass ihre Kleinen in Gefahr sind.