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Schlaraffenland Mensch

Wer schwache Nerven hat, sollte besser nicht weiterlesen. Denn hier geht es um Tiere, die einen ganz speziellen Lebensraum besiedeln: den menschlichen Körper! Zwar sind die wenigsten Parasiten tödlich, aber gruselig finden viele sie trotzdem

Inhaltsverzeichnis

Für Parasiten sind wir Menschen ein wandelndes Schlaraffenland: ein Restaurant, in dem man sich den Bauch voll schlagen kann, etwa mit Blut. Ein warmer Unterschlupf mit verschlungenen Gängen, etwa dem Darm. Ein Dickicht, in dem man sich und seinen Nachwuchs herrlich verstecken kann, etwa in den Haaren. Und ein Transportmittel, mit dem man weit herumkommt, ohne selbst ein Beinchen krumm zu machen.

Raffinierte Parasiten und Riesenwürmer

Parasiten des Menschen sind in Größe und Aussehen so unterschiedlich wie Tag und Nacht: Das Sporentierchen Plasmodium etwa, das die gefährliche Tropenkrankheit Malaria verursacht, misst nur 0,01 Millimeter; mancher Bandwurm dagegen kann bis zu 20 Meter lang werden! Um uns zu "erobern", setzen Parasiten die tollsten Techniken ein: Wir werden angeflogen, angesprungen oder heimlich bekrabbelt; sie flutschen mit dem Trinkwasser in uns hinein oder lauern in nicht ganz garem Fleisch. Forscher unterscheiden zwei große Gruppen von Parasiten: Endoparasiten, die im menschlichen Körper leben. Und Ektoparasiten, die auf der Oberfläche bleiben - etwa Läuse, Zecken, Egel oder Mücken, die es auf unser Blut abgesehen haben.

Ein Floh der nur Menschen mag

Der wohl bekannteste Ektoparasit ist der Menschenfloh. Der hat sich perfekt an den "Lebensraum Mensch" angepasst. Sein Körper ist so schmal, dass der Floh auf unserer Kopfhaut spazieren gehen kann, ohne zwischen den Haaren hängen zu bleiben. Gegen Kratz-Attacken des Menschen ist er gut geschützt: Er besitzt einen Panzer aus hartem Chitin, einem kaum zu knackenden Stoff. Auch beim Blutsaugen ist der Floh gewitzt: Er rammt uns gleich zwei kleine Röhrchen in die Haut. Durch das größere schlürft er Blut, durch das andere spuckt er ständig in die Wunde. Die "Spucke" sorgt dafür, dass sich keine Kruste bildet und er immer weitersaugen kann - bis zu zweieinhalb Stunden! Der Stich selbst tut nicht weh; allerdings juckt er später höllisch.

Mörderische Bandwürmer

Viel lästiger und oft auch gefährlicher sind die Endoparasiten. Allein mit Peitschenwürmern, die schon Ötzi gepiesackt haben, schlagen sich weltweit rund 755 Millionen Menschen herum. Unter Bandwürmern leiden weit über 150 Millionen. In Deutschland sterben jährlich im Schnitt fünf Menschen an einem Fuchsbandwurm, dessen Eier auf Waldbeeren kleben. Der Wurm kann die Leber so stark schädigen, dass sie versagt. Besonders fies ist der so genannte Medina-Wurm. Der Plagegeist kommt hauptsächlich in West-Afrika vor, wo er auch "Glühende Schlange" genannt wird - denn der Schmerz, den er verursacht, ist so heftig, als würde man mit heißen Nadeln gequält.

Hier erfahrt ihr mehr über die einzelnen Parasiten

Höllisch schmerzhaft: Wurmeier in den Beinen

Die Larven des Wurms gelangen über verseuchtes Trinkwasser in den Körper. Dort wachsen die Weibchen schnell zu rund 80 Zentimeter langen Würmern heran. Die höllischen Schmerzen beginnen, wenn sie in die Beine oder Füße des Kranken kriechen und dort ihre Eier ablegen. An diesen Stellen wölben sich bald dicke Blasen, die wie Feuer brennen. Um die Beulen zu kühlen, laufen die Menschen ins Wasser; dort platzen die Blasen und entlassen bis zu 500000 neue Medina-Wurm-Larven. Um das Weibchen loszuwerden, wickeln die Betroffenen ein Ende des Wurms um einen Stock und drehen das Tier heraus. Die qualvolle Prozedur kann mehrere Tage dauern, die Kranken fühlen sich wochenlang elend. 2003 mussten noch rund 35000 Männer, Frauen und Kinder diese Tortur erleiden. Doch zum Glück sinkt die Zahl der Medina-Wurm-Fälle: Die Menschen bauen saubere Brunnen, bekommen Medikamente und kochen ihr Wasser vor dem Trinken ab. Wenn es so weitergeht, wird der Medina-Wurm wahrscheinlich bald der erste Parasit des Menschen sein, der ausgerottet werden kann.

Nicht alle Parasiten sind schädlich

Lässt sich also überhaupt nichts Gutes über die Schmarotzer selbst berichten? Oh doch! Manche Parasiten sollen sogar gegen Krankheiten helfen können. Zum Beispiel gegen üble Darm-Entzündungen, unter denen viele Menschen in Europa leiden. Die Forscher glauben, dass diese Krankheiten gerade deshalb entstehen, weil dem Körper die Parasiten fehlen! Das erklären sie so: Früher trug fast jeder Mensch ein paar Parasiten mit sich herum. Die Tierchen lösten beim menschlichen Immunsystem regelmäßig Großalarm aus - und die "Körperpolizei" zog alle Register, um die Eindringlinge loszuwerden: Biochemische Botenstoffe rasten los, weiße Blutkörperchen eilten herbei, dicke Fresszellen rüsteten sich zur Attacke. Da tobten richtige Schlachten! Heutzutage aber haben immer weniger Menschen in Europa noch Parasiten. Also sind die Körperpolizisten arbeitslos - und bekämpfen aus lauter "Langeweile" lebenswichtige Teile des Körpers, etwa den eigenen Darm. Also: Her mit den Parasiten!

Ekelmedizin ohne bewiesenen Nutzen

Seit dem Frühjahr gibt es tatsächlich eine Therapie, bei der Patienten Tausende Eier eines Wurms schlucken. Gut die Hälfte der Kranken fühlt sich mit den Untermietern viel besser als vorher ohne. Die Parasiten sterben übrigens nach kurzer Zeit von selbst. Nach derselben Logik hat auch der japanische Arzt Koichiro Fujita seinen Heuschnupfen behandelt. Fujita schluckte einige Fischbandwürmer, die dann jahrelang in seinem Darm lebten. Fujita war nach eigener Aussage seinen Schnupfen los. Zur Nachahmung ist das aber nicht empfohlen. Erstens gibt es keinen echten Beweis für Fujitas Methode. Und zweitens kam es zu einer gruseligen Nebenwirkung: Die Würmer wuchsen. Und wenn sie zu lang wurden, guckten sie, nun ja, hinten aus Fujitas Po heraus. Darauf musste er ein Stück von ihnen abschneiden. Dann doch lieber Heuschnupfen, oder?

GEOLINO EXTRA Nr. 3/2004 - Abenteuer Erde

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