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  • Die Geschichte der Psychedelika

Zur Galerie Die Geschichte der Psychedelika
Die Vietnam-Proteste und die Gegenkultur der Hippies waren eng miteinander verflochten. Ein beliebter Slogan lautete: "Drop Acid, not Bombs" – wirf LSD ein, statt Bomben zu werfen. Noch berühmter ist der Ausspruch des Harvard-Psychologen Timothy Leary. Er war der intellektuelle Anführer einer Bewegung, die Psychedelika allen Menschen frei zugänglich machen wollte. Mit "Turn on, tune in, drop out" forderte er seine Anhängerschaft auf, sich vom Establishment und der Konsumkultur abzuwenden. Stattdessen sollten sie die eigene, innere Welt erkunden – gern mit Unterstützung bewusstseinserweiternder Substanzen.
Kampf den Kriegstreibern
Die Vietnam-Proteste und die Gegenkultur der Hippies waren eng miteinander verflochten. Ein beliebter Slogan lautete: "Drop Acid, not Bombs" – wirf LSD ein, statt Bomben zu werfen. Noch berühmter ist der Ausspruch des Harvard-Psychologen Timothy Leary. Er war der intellektuelle Anführer einer Bewegung, die Psychedelika allen Menschen frei zugänglich machen wollte. Mit "Turn on, tune in, drop out" forderte er seine Anhängerschaft auf, sich vom Establishment und der Konsumkultur abzuwenden. Stattdessen sollten sie die eigene, innere Welt erkunden – gern mit Unterstützung bewusstseinserweiternder Substanzen.
© Robert Altman, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons
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Seit Jahrtausenden konsumieren Menschen Psychedelika. Die Wirkstoffe aus Pflanzen, Pilzen, später auch im Labor hergestellt, rufen besondere Bewusstseinszustände hervor, verändern die Wahrnehmung der Welt, lösen die Grenzen des Selbst auf. In vielen Kulturen galten Trips als Pforte zur Welt der Geister und Götter. Im alten Ägypten, so vermuten Archäologen, waren psychoaktive Pilze als Geschenk des Gottes Osiris allein den Königen vorbehalten. Auf diesem Wandrelief am Tempel von Dendera wird ein Gefäß mit Pilzen als Gabe dargebracht.
Auch in Asien haben halluzinogene Kräuter eine reiche Geschichte. Der mythische Urkaiser Shennong gilt als Vater der chinesischen Heil- und Kräuterkunde. Eine 2000 Jahre alte Schrift mit Überlieferungen seiner Lehren schildert die Wirkung von Hanf. Sie empfiehlt das Kraut zur Entspannung, für die Frauengesundheit und den Kontakt zur Geisterwelt.     Bild mit Genehmigung: Erika Dyck, "Rausch – Eine  Kulturgeschichte der Psychedelika", Haupt Verlag
In vielen indigenen Kulturen Amerikas spielen psychoaktive Substanzen eine wichtige Rolle für Mythen und Rituale. Etwa der Peyote-Kaktus, der im Norden Mexikos und im Süden der USA wächst. Er löst nicht nur Übelkeit und Erbrechen, sondern dank des Wirkstoffs Meskalin auch spektakuläre Visionen aus. Tutukila Carrillo Sandoval, Schöpfer dieses Bildes, gehört dem Volk der Wixárika an. Takutsi (unten rechts) – eines jener Geisterwesen, die einst die Welt schufen – wird darauf vom kannibalischen Stamm der Hewixi verraten. Doch Takutsi verhext ihre Verfolger und verschafft den Pilgern ihrer Gemeinschaft freies Geleit, damit sie Hirsche jagen und Peyote für ihre spirituellen Zeremonien sammeln können.     Bild mit Genehmigung: Erika Dyck, "Rausch – Eine  Kulturgeschichte der Psychedelika", Haupt Verlag
Keine ersehnte spirituelle Erfahrung, sondern ein Schreckenstrip war die Mutterkornvergiftung, auch Antoniusfeuer oder Ergotismus genannt. Sie suchte Menschen heim, die mit dem Pilz befallenen Roggen aßen. Symptome der Vergiftung waren schwerste Krämpfe oder Durchblutungsstörungen der Gliedmaßen, die schließlich abstarben und verfaulten. Auch Halluzinationen konnten auftreten – die für den Ergotismus verantwortlichen Alkoloide sind chemisch mit LSD verwandt. Der Holzschnitt aus dem Jahr 1540 zeigt einen Erkrankten, der den Heiligen Antonius um Hilfe anfleht.
Die europäischen Kolonialmächte sahen in den berauschenden Pilzen und Pflanzen aus fernen Erdteilen keine Kultur-, sondern Handelsgüter: Eine weitere Ressource, die sie ausbeuten konnten. Nicht nur Tee oder Baumwolle, auch psychoaktive Substanzen wie Opium und Kokain wurden fortan rund um die Welt verschifft. In der Lithografie von Alphonse Mucha aus dem späten 19. Jahrhundert fleht ein Inka eine Göttin an, ihren Kokawein mit ihm zu teilen. Doch die Stoffe dienten nicht nur dem Rausch. Sie fanden auch in der westlichen Medizin Anwendung. Morphium beruhigte und linderte Schmerzen, Kokain betäubte, Heroin wurde ursprünglich als Hustensaft vermarktet.     Bild mit Genehmigung: Erika Dyck, "Rausch – Eine  Kulturgeschichte der Psychedelika", Haupt Verlag
Parawissenschaften und Psychedelika sind eng miteinander verwoben. Im 19. und frühen 20. Jahrhundert herrschte ein reges Interesse an übernatürlichen Phänomenen, Geistererscheinungen und dem Kontakt zur Totenwelt. Viele frühe Vertreter der Halluzinogenforschung interessierten sich auch für Parawissenschaften – und nutzten deren Vokabular, um Erlebnisse und Empfindungen während eines Trips zu beschreiben. Gleichzeitig berichteten immer wieder Menschen, unter dem Einfluss von Psychedelika übernatürliche Erfahrungen gemacht, telepatisch kommuniziert oder in die Zukunft geblickt zu haben.
Kreative und Intellektuelle nutzten Drogen seit jeher, um ihren Geist zu beflügeln und zu erweitern. Der Schriftsteller und Philosoph Aldous Huxley (1894–1963) kam über den Psychiater Humphry Osmond mit Meskalin in Berührung. In seinem Buch "Die Pforten der Wahrnehmung" beschrieb er seine Erlebnisse. Die Freunde Osmond und Huxley waren fasziniert von der Idee, Substanzen wie Meskalin oder das 1943 von Albert Hofmann entdeckte LSD zur Erforschung des Bewusstseins einzusetzen. Der Begriff "Psychedelika" stammt aus einem Briefwechsel der beiden von 1956. Als Huxley am 22. November 1963 schwer krebskrank dem Tod entgegensah, war seine letzte Bitte an seine Frau, ihm eine hohe Dosis LSD zu spritzen.
Ken Kesey nahm in den 1950er-Jahren als Student an einer Studie zur Wirkung von Psychedelika teil. Diese war, wie sich später herausstellte, von der CIA finanziert, die ein Wahrheitsserum suchte. Die Trips veränderten Keseys Leben grundlegend. Er trat einen Job in der Psychiatrie an; seine Erfahrungen verarbeitete er in dem Roman "Einer flog über das Kuckucksnest". 1964 machte er sich mit einem kunterbunt bemalten alten Schulbus auf den Weg durch die USA. Das Gefährt namens "Further" wurde schnell zum Symbol der Gegenkultur. Keseys Reisegruppe, die "Merry Pranksters", veranstalteten entlang des Weges "Acid Tests": Künstlerische Happenings, bei denen vor allem LSD ("Acid") in großen Mengen konsumiert wurde. 1969 rollte der Bus nach Woodstock – allerdings ohne Kesey an Bord.
Die Vietnam-Proteste und die Gegenkultur der Hippies waren eng miteinander verflochten. Ein beliebter Slogan lautete: "Drop Acid, not Bombs" – wirf LSD ein, statt Bomben zu werfen. Noch berühmter ist der Ausspruch des Harvard-Psychologen Timothy Leary. Er war der intellektuelle Anführer einer Bewegung, die Psychedelika allen Menschen frei zugänglich machen wollte. Mit "Turn on, tune in, drop out" forderte er seine Anhängerschaft auf, sich vom Establishment und der Konsumkultur abzuwenden. Stattdessen sollten sie die eigene, innere Welt erkunden – gern mit Unterstützung bewusstseinserweiternder Substanzen.
Ende der 1960er-Jahre war LSD nahezu überall im Westen verboten. Doch der Schwarzmarkt war erfinderisch. Im Untergrund tränkten die Hersteller Löschpapier ("blotting paper") mit winzigen Mengen flüssigen LSDs. Diese Blotter ließen sich nicht nur hervorragend schmuggeln, sondern auch kunstvoll verzieren. Eine große Sammlung verschiedener Motive stellt der Künstler Mark McCloud in seinem "Institute of Illegal Images" in San Francisco aus.
Die US-Regierung kämpfte mit allen Mitteln gegen den Drogenkonsum im eigenen Land. Vor allem First Lady Nancy Reagan setzte sich in den 1980er-Jahren als Schirmherrin für die Kampagne "Just say no" ein und weitete sie sogar international aus. Die Botschaft sollte junge Menschen ermutigen, sich dem Gruppenzwang zu widersetzen und Drogen einfach abzulehnen, wenn sie damit in Kontakt kamen. Die Kampagne wurde durch Aktionen und Bildungsprogramme an Schulen ergänzt. Letztlich, so scheint es, war die simple Botschaft jedoch ineffektiv: Es gibt keine Belege dafür, dass dadurch weniger Jugendliche mit Drogen experimentierten.
Etwas weniger Rebellion, etwas mehr Kommerz: So muten die psychedelischen Festivals der Gegenwart an. Beim Ozora-Festival in Ungarn kommen jedes Jahr Zehntausende Menschen zusammen, um elektronischer Musik der Stilrichtung Psytrance zu lauschen, an spirituellen Zeremonien teilzunehmen, Workshops für Körper und Geist zu absolvieren und psychedelische Kunst zu kaufen. Der Eintritt kostet etliche Hundert Euro. Drogen, so heißt es auf der Homepage des Veranstalters, seien auf dem Gelände verboten.
Die Coloradokröte Bufo alvarius, auch Sonora-Netzkröte genannt, lebt in den Wüsten der USA. Sie nutzt ihr giftiges Sekret zur Verteidigung. In den 1960er-Jahren fanden Forschende heraus, dass es ein starkes Psychedelikum enthält. Obgleich in den USA verboten, wird es seitdem getrocknet und in spirituellen Zeremonien unter Anleitung selbsternannter Heilerinnen und Heiler geraucht. Während des rund 30-minütigen Trips könne sich die Realität völlig auflösen, berichten Teilnehmende. Naturschützer fürchten, dass sich auf Dauer auch die Krötenpopulation auflösen könnte. Denn die Nachfrage nach dem spirituell bedeutsamen Rausch ist groß. Das zeigt sich auch in der Popularität von Ayahuaska-Retreats, Zeremonien mit einem traditionellen pflanzlichen Gebräu, die manche indigene Gruppen in Südamerika für Touristen und Touristinnen anbieten.
Dieses Werk des mexikanischen Künstlers René Alvarado Martínez trägt den Titel "La Mazateca y su espiritualidad" (Die Mazateca und ihre Spiritualität). Es spiegelt die symbiotische Beziehung zwischen dem Volk der Mazateken und der Natur wider, die sich nach dem Verzehr der Pilze, der "Heiligen Kinder", einstellt. Während viele indigene Gruppen ein umfangreiches Wissen über die heilsame Wirkung psychoaktiver Pflanzen und Pilze pflegen, entdeckt die westliche Medizin Psychedelika gerade erst wieder: als Mittel, um psychische Leiden wie Depressionen und posttraumatische Belastungsstörungen zu lindern.     Bild mit Genehmigung: Erika Dyck, "Rausch – Eine Kulturgeschichte der Psychedelika", Haupt Verlag
Rausch - Eine Kulturgeschichte der Psychedelika
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27. Februar 2021,00:15
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