Besondere Bauwerke Historische Industrie-Architektur in Italien, für die sich der Besuch lohnt
Automobilfabrik, Wasser- oder Elektrizitätswerk: In Italien erinnern viele eindrucksvolle Bauten an die Zeit der Industrialisierung. Wir erzählen die Geschichten hinter den Fassaden

Rovereto, Trentino: Seidenspinnereien
Kaiser Justinian I. hatte genug: Edle Stoffe aus China waren einfach zu teuer. Aber Seide wurde nur in China produziert. Es war unter Todesstrafe verboten, Seidenraupen zu exportieren. Und so soll Justinian um 550 n. Chr. zwei Mönche nach China geschickt haben, die Raupeneier in ihren Stöcken nach Konstantinopel schmuggelten. Mit im Gepäck hatten sie Samen der Maulbeerbäume, denn Seidenraupen fressen ausschließlich deren Blätter. Seither wird Seide in Europa produziert. Auch im Trentino, bei Rovereto, wurden Maulbeerbäume angepflanzt. Ab dem 16. Jahrhundert boomte der Ort, die auffällig großen Gebäude zeugen noch davon, denn darin standen gigantische Spinnmaschine. Die sich drehenden Holzapparate waren mehr als zehn Meter hoch. Im 18. Jahrhundert gab es 34 Spinnereien, in der Stadt lebten 15.000 Menschen, 5000 davon arbeiteten mit Seide. Doch Mitte des 19. Jahrhunderts rottete ein Parasit die Seidenraupen fast aus. Die Maulbeerbäume wichen Tabakpflanzen. Heute kann man die ehemalige Seidenmanufaktur Colle-Masotti besichtigen. Ihre Spinn- und Drehvorrichtungen wurden von einem Wasserrad angetrieben, dazu verlief im Keller des Gebäudes ein Wassergraben.
© Barbara Schaefer