GEO.de: Wie oft sind Sie schon über Zeltseile gestolpert?
Björn Staschen: Immer mal wieder, aber man gewöhnt sich dran und legt sich nach einer Weile einen anderen Blick zu. So nach drei Tagen auf dem Campingplatz laufe ich dann aber selbst im Schlaf um sie herum.
Wie viel Dosen Ravioli haben Sie bisher in Ihrem Leben schon gegessen?
Ich habe früher manches Zeltlager mit dem Schwimmclub mit hungrigem Magen verbracht, weil ich noch nie Ravioli mochte und weil es die da oft gab. Daher: Null Dosen Ravioli!
Und wie verhält man sich bei Gewitter im Zelt?
Wenn es richtig schlimm wird, müssen alle raus aus dem Zelt und rein in ein festes Gebäude. Bei dem eben schon erwähnten Zelten mit dem Schwimmclub habe ich früher mit meinen Freunden immer eine Nacht im Schwimmbad verbracht – während die Zelte draußen wegschwammen. In jüngster Zeit ist das aber kein Problem mehr, denn wir sind ja mit dem Bulli unterwegs, und bei Gewitter ist es im Bulli wunderbar.
Was war Ihr bisher schönstes Camping-Erlebnis?
Das war auf dem Ferienhof Maurus in Röthenbach im Allgäu, der nun auch in meinem Buch zu finden ist. Zum einem mögen wir ihn gern, weil wir kleine Kinder haben – und Camper dort Tieranschluss haben: Es gibt Kälber, die meine Jungs morgens auf die Wiese treiben konnten, und störrische Ziegen, die sie vom Stall ins Gatter zerren. Zum anderen ist es dort auch so wunderbar ruhig: Der Ferienhof liegt in einem sattgrünen Tal am Ende einer geschwungen Straße, wo es nichts anderes gibt als diesen kleinen Bauernhof und das Meeresrauschen des Südens – die Kuhglocken, die einen in den Schlaf bimmeln, einfach wunderbar.
Sie haben in Ihrem Buch einen schönen Platz nach dem anderen aufgeführt. Aber mal ehrlich, sollte man nicht lieber solche tollen Tipps für sich behalten, um diese kleinen Oasen nicht zu zerstören?
Das habe ich mich auch schon oft gefragt, aber die Betreiber haben durch mein Buch viel mehr Camper in der Vor- und in der Nachsaison. Zudem erscheint das Buch nicht in Millionen-Auflage. Die Campingplatz-Besitzer können ihre Kleinode wirtschaftlich betreiben und sie überleben. Ein ADAC-Campingführer lässt solche Zeltplätze gleich links liegen, weil sie zu klein sind oder weil sie zu wenig Waschbecken haben. Zudem haben mir die Besitzer auch gesagt, dass ihnen mein Buch bisher immer sehr nette Camper gebracht hat.


Und was muss ein Campingplatz überhaupt erfüllen, um es in Ihr Buch zu schaffen?
Der Kern ist für mich Freiheit. Das bedeutet für mich möglichst wenig Regeln und, möglichst nah an der Natur zu sein. Auch ein Lagerfeuer muss ich machen können. Es sei denn, es ist gerade Waldbrandstufe drei. Ich möchte Platz um mein Zelt herum haben und auch gleichgesinnte Leute treffen. Parzellen-Nummern, Schlagbäume und Dauercamper, die sich auf ihrem Platz fest eingemauert haben und mir die Sicht auf den See oder den Berg versperren – das alles muss nicht sein.
Ich habe überhaupt nichts gegen Dauer-Camper, aber es gibt Plätze, da hat man den Eindruck, man kommt in eine eingeschworene Gemeinschaft von Ferienhaus-Besitzern. Da fühlt man sich nicht wohl, weil man in der hinterletzten Ecke steht und nix davon hat. So ein Platz würde es daher nicht in mein Buch schaffen.
Ich habe aber auch einige Plätze mit Dauer-Campern in ‚Cool Camping’ aufgenommen. Es gibt auch gute Ideen, wie man beides nebeneinander machen kann. Einige Camping-Plätze brauchen auch beides, um überhaupt zu überleben. Ein schönes Beispiel ist ‚Camping-Land an der Elbe’ in Hamburg. Auf der einen, das ganze Jahr durch trockenen Seite stehen die Dauer-Camper, und vorm Deich sind im Sommer die Zelte zu finden.
Und warum ist Ihrer Meinung nach Campen heute wieder so unheimlich cool?
Die Welt wird immer unüberschaubarer. In Zeiten der Globalisierung sehnen sich die Menschen nach dem Naturerlebnis. Wir haben immer mehr Reize, die über Handys und Computer vermittelt werden. In mir wächst die Sehnsucht, und ich glaube, auch bei vielen anderen, seine eigenen Wurzeln zu finden und zurück zur Natur zu kommen. Um das einfache Leben auszuprobieren, dafür ist Camping einfach perfekt. Der zweite Grund ist aber auch, dass es ein erschwinglicher Urlaub ist, besonders auch für Familien. Viele Menschen merken, dass ihre Lohnsteigerungen nicht viel bedeuten. Als Familie in Deutschland hat man weniger in der Tasche und den Urlaub, den man sich als Single noch leisten konnte, der ist dann mit Kindern gar nicht mehr finanzierbar.
Wenn Sie sich übermorgen Ihren eigenen Traum von einem eigenen Campingplatz erfüllen könnten, wie sähe dieser aus?
Das würde ich sofort machen wollen. Ich war mit meiner Familie zum Beispiel neulich an der Eider. Da haben wir eine tolle Wiese gefunden und überlegt, ob das nicht etwas für einen Camping-Platz wäre. Diese Wiese fiel sanft zum Fluss hin ab und lag mitten in der Natur - sie hatte aber zu wenige Bäume.
Mit der Erfinderin der ‚Tentstation’ in Berlin, die urbanes Camping in Berlin etabliert hat, haben meine Frau und ich uns auch schon mal in Hamburg Flächen angeguckt. Bisher war aber die Stadt Hamburg ein bisschen schnarchnasig.
Für mich könnte es ein urbaner Camping-Platz sein. Meine Ideal-Vorstellung wäre, dass ich dann freitagabends mit meinen Jungs dahin fahre und mich um den Check-In und solchen Kram kümmern – und meine Kinder ansonsten halbnackt über den Camping-Platz trollen – das ist meine Klischeevorstellung. Ich vermute aber, dass es ganz anders ist – und zwar stressig und anstrengend.