Konsum-Experiment Wie schaffe ich es, gesünder einzukaufen? An Kräutern schnuppern!

Kräutersträusschen mit Rosmarin und Lorbeerblättern
Rosmarinduft wirkt äußerst appetitanregend – und kann offenbar helfen, gesündere Kaufentscheidungen zu treffen
© foodcollection / mauritius images
Viele Supermärkte, Buchläden und Bekleidungsgeschäfte versprühen bereits Aromen, um unser Kaufverhalten zu beeinflussen – nicht immer zu unserem Besten. Nun fanden Forschende heraus, dass ein Duft Konsumierende auch dazu bewegen könnte, gesündere Lebensmittel einzukaufen

Wer in den Supermarkt geht, verlässt ihn trotz bester Vorsätze nicht selten mit einem Korb voll ungesunder Süßigkeiten und Fast Food. Doch Forschende der Auckland University of Technology haben nun ein Mittel gefunden, mit dem sich das Unterbewusstsein so austricksen lässt, dass wir tendenziell zu gesünderen Lebensmitteln greifen: Kräuteraromen.

Offenbar wecken der Duft von Kräutern wie Rosmarin, Oregano, Thymian und Basilikum Erinnerungen an gesunde Mahlzeiten, die wir vielleicht zu Hause oder im Restaurant einmal genossen haben – und damit die Lust, sich selbst so eine leckere, frische Mahlzeit zuzubereiten.

Dezenter Kräuterduft beim virtuellen Shopping

Zu diesem Ergebnis sind die Forschenden in einer Reihe von Experimenten gekommen: Zunächst luden sie 214 Menschen über 18 ins Labor ein. Die Testpersonen sollten am Computer in einem originalgetreu nachgebauten virtuellen Supermarkt mit 1412 unterschiedlichen Produkten Essen für drei Tage einkaufen. Dafür hatten sie ihr übliches Budget zur Verfügung. Die virtuelle Umgebung schloss aus, dass andere Einflüsse wie Sonderangebote oder Beleuchtung die Kaufentscheidung beeinflussten. 

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Der Raum, in dem die Teilnehmenden ihre Kaufentscheidungen trafen, wurde bei der Hälfte der Probanden mit einem dezenten Kräuterduft eingesprüht; die andere Hälfte bekam das Aroma von Backwaren zu schnuppern. Den Männern und Frauen wurde glaubhaft gemacht, dass sie die Nutzerfreundlichkeit des virtuellen Shops austesten sollten.

Labor- und Feldstudie kommen zu einem einstimmigen Ergebnis

Anschließend werteten die Forschenden Einkaufskörbe der unterschiedlichen Gruppen aus. Das Ergebnis: Die Kräuter-Gruppe hatte sowohl mengenmäßig als auch gemessen am Budget einen höheren Anteil gesunder, also wenig verarbeiteter und mikronährstoffreicher, Lebensmittel in ihrem Warenkorb als die Backwaren-Gruppe. Konkret: Pro umgerechnet je 88 Euro landeten im Schnitt drei gesunde Lebensmittel mehr im Korb.

Ansicht eines virtuellen Supermarktes
Der virtuelle Supermarkt im Experiment verfügte über eine reiche Auswahl an mehr als tausend Produkten. Der rote Punkt zeigt die aktuelle Position im Supermarkt an
© Journal of Retailing and Consumer Services

Um den Zusammenhang weiter zu erhärten, schlossen die Forschenden eine Feldstudie an. Dazu verteilten sie Kräuterduft in zwei neuseeländischen Geschäften: Auch hier stellten sie fest, dass Kräuteraromen die Kundinnen und Kunden dazu bewegten, mehr gesunde Lebensmittel in ihren Einkaufwagen zu legen als ohne Kräuterduft.

Schon die Vorstellung von Kräutern macht Lust, gesund zu kochen

Zuletzt baten die Forschenden Teilnehmende in einer Online-Befragung, sich einen Supermarkt mit Kräuterduft nur vorzustellen. Daraufhin gaben diese an, mehr Lust auf frisch zubereitete Gerichte wie selbstgemachte Sauce mit Kräutern oder Eintopf zu verspüren. Die Forschenden schließen daraus, dass Düfte ein wirksames Mittel wären, Menschen ohne Zwang zu einem gesundheitsbewussteren Verhalten zu bewegen. Ob das auch im Gewinninteresse der Supermärkte liegt, ist eine andere Frage, die nicht untersucht wurde.

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Eingesetzt werden Düfte bereits heute schon, um den Umsatz zu steigern, schreiben die Forschenden: Üblich seien zum Beispiel Grapefruitaroma in der Gemüseabteilung, Schokoladenduft im Süßwarengang, Rosmarin-Focaccia-Duft in der Bäckerei und der Geruch von gebackenem Käsekuchen in den Gängen. Selbst in Buchläden wird Schokoladenduft eingesetzt, um den Verkauf von Liebes- und Kochbüchern anzukurbeln.

Zum Kochen daheim muss man sich dennoch motivieren

Natürlich reicht es nicht, die gesunden Lebensmittel nur einzukaufen. Man muss sie zu Hause dann auch wirklich zubereiten. Das macht ein bisschen mehr Mühe als eine Tiefkühlpizza, die man bestenfalls gar nicht erst gekauft hat, in den Ofen zu schieben. Aber vielleicht motiviert es ja hierbei auch, vorm Kochen einmal kurz an Rosmarin oder Thymian zu schnuppern.