Zitrusfrüchte sind oft in gelben oder orangefarbenen Netzen verpackt, in den Farben von perfekten Exemplaren ihrer Sorte. Dadurch verkaufen sie sich besser. Der Grund ist ein wissenschaftliches Phänomen, das auch als "Konfetti-Illusion" oder Farbassimilation bekannt ist: Dabei übernehmen Objekte scheinbar den Farbton darüber liegender Linien. Der Wahrnehmungspsychologe Professor Karl Gegenfurtner von der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU), hat diesen Effekt kürzlich in der Fachzeitschrift "i-Perception" beschrieben.
Gegenfurtner und seine Arbeitsgruppe beschäftigen sich vor allem mit der visuellen Wahrnehmung und Farbforschung. Die Grundlage für die aktuelle Studie war allerdings eine private Erfahrung des Forschers. Er kaufte Orangen im Supermarkt, die in einem orangefarbenen Netz verpackt waren und saftig aussahen. Als Gegenfurtner die Früchte zu Hause aus dem Netz nahm, fiel ihm auf, dass sie eher grün erschienen und einen deutlich unreiferen Eindruck machten. Damit war das Interesse des Forschers geweckt.
Einerseits führte er die unterschiedliche Farbwahrnehmung auf eine Lichtspiegelung zurück, die zwischen Netz und Frucht entsteht und dadurch die Farbsättigung der Orangen erhöht. Er vermutete aber zusätzlich auch eine optische Illusion. Darum stellte er die Szenerie virtuell nach: Über eine Fotografie einer unreifen, grünlich wirkenden Orange legte er zahlreiche orangefarbene Linien. Dieses als "Munker-Netz" bezeichnete Gitter geht auf den Farbforscher Hans Munker zurück, der sich schon 1970 mit Phänomenen der Farbwahrnehmung beschäftigte. Gegenfurtner stellte fest, dass der grüne Farbton der Orange fast vollständig verschwindet und sich die wahrgenommene Farbe der Frucht der des Munker-Netzes angleicht – eine Farbanpassung oder -assimilation.

Die zugrunde liegende optische Täuschung kann auch sehr stark ausgeprägt sein. Als besonders effektvolles Beispiel demonstrierte der Forscher die Konfetti-Illusion mit Bildern der drei Begründer der trichromatischen Farbtheorie Hermann von Helmholtz, James Clerk Maxwell und Thomas Young. Die jeweils vier Gesichter der Männer haben zwar dieselbe Farbe, wirken aber je nach darüber liegenden Streifenmustern stark eingefärbt oder unterschiedlich hell.

In einer Pressemitteilung der JLU äußerte sich der Wissenschaftler: "Ich schließe daraus, dass die Farbassimilation allein eine starke Auswirkung auf das Erscheinungsbild der Farbe hat. Eine große Freude für den Farbwissenschaftler – ein trauriger Moment für den Verbraucher!"