In Deutschland werden jährlich bis zu 35.000 Tonnen Pestizide eingesetzt. Ein Großteil, wie Glyphosat, wirken gegen Unkraut. Andere häufig verwendete Pflanzenschutzmittel werden gegen Pilze und Sporen (Fungizide) oder Insekten (Insektizide) eingesetzt. Besonders Insektizide wirken bereits in sehr niedrigen Konzentrationen, nicht nur gegen die Schädlinge selbst, sondern auch gegen nützliche Insekten wie Bienen. Schon eine Kombination dreier unterschiedlicher Pestizide ist giftig für Honigbienen, auch in Konzentrationen, die legal auf deutschen Äckern ausgebracht werden. Das zeigt eine neue Studie der Julius-Maximilians-Universität Würzburg, deren Ergebnisse in der Fachzeitschrift "Environmental Pollution" veröffentlicht wurden.
Das Team um die Professorin Ricarda Scheiner untersuchte den Effekt der Pestizide auf die Entwicklung von Bienenlarven. Diese ernähren sich von Nektar und Pollen im Saft der Ammenbienen. Weil an den Pollen jedoch Rückstände von Pflanzenschutzmitteln haften können, ist eine Kontamination der Bienenlarven mit einer Mischung verschiedenster Chemikalien sehr wahrscheinlich. Im Labor züchteten die Forschenden daher Honigbienen und verabreichten den Larven verschiedene Pestizide. Einerseits in Konzentrationen, die so auch auf Äckern zu finden sind, andererseits in einer zehnfach höheren Dosis.
Sie untersuchten zunächst den Effekt von Acetamiprid, das letzte in der EU noch legale Insektizid aus der Klasse der Neonikotinoiden. Diese Stoffklasse wirkt gegen schädliche Rapsglanzkäfer, ist jedoch auch giftig für Bienen. Die Experimente zeigten nun, dass durch die zehnfach erhöhte Konzentration von Acetamipird im Futter etwa 10 Prozent mehr Bienenlarven starben. Außerdem lebten die erwachsenen Honigbienen, die das Neonikotinoid als Larven aufgenommen hatten, deutlich kürzer als die Artgenossinnen in der Kontrollgruppe. In der legalen Konzentration und allein verabreicht, war Acetamiprid ungefährlich.
Pestizide verstärken sich in ihrer Wirkung
Auf Äckern werden aber routinemäßig unterschiedliche Pestizide kombiniert, diese interagieren und verstärken sich mitunter in ihrer Wirkung. Die Forschenden untersuchten deshalb die Wirkung von Acetamiprid in Kombination mit zwei häufig eingesetzten Fungiziden, Boscalid und Dimoxystrobin. Durch den Mix der niedrig konzentrierten Pestizide im Futter der Bienenlarven starben die erwachsenen Bienen deutlich schneller – und die ansonsten unschädliche Menge Acetamiprid wurde durch die Kombination mit den Fungiziden giftig. "Ein alarmierender Befund: Denn Honigbienen kommen durch ihren großen Flugradius mit vielen Pflanzenschutzmitteln in Kontakt", warnt Sarah Manzer, Erstautorin der Studie. Allerdings sei weitere Forschung nötig, um die Wechselwirkung verschiedener Pestizide auf unterschiedliche Insektenarten besser zu verstehen. Beispielsweise konnte eine weitere Studie der JMU zeigen, dass Hummeln die getestete Pestizid-Kombination besser vertragen.

Bislang waren vergleichbare Untersuchungen nur mit sehr hohen Pestizid-Konzentrationen durchgeführt worden. Nun zeigt sich, dass sich die Giftigkeit verschiedener Pestizide verstärken kann und bereits geringe, für die Landwirtschaft zugelassene, Konzentrationen schädlich für Honigbienen sind. Weitere Untersuchungen zur Wirkung niedrig konzentrierter Pestizide und deren Kombinationen seien "dringend nötig", sagt Sarah Manzer.