Der Hagere
Eine markante Nase, hervorstehende Wangenknochen, die durch den dunklen Bart noch betont werden, ein fast fiebriger Blick aus großen Augen: Der junge Mann, der zwischen 160 und 180 n. Chr. verstorben ist, wirkt krank und ausgemergelt. Die Frage, ob Porträts wie dieses vor oder nach dem Tod der Menschen gemalt wurden, ist Gegenstand intensiver Untersuchungen. Saßen manche Männer, Frauen und Kinder dem Maler bereits zu Lebzeiten Modell? Wurden die Bilder im Haus aufbewahrt und erst im Fall des Todes für die Bestattungszeremonie verwendet? Das gilt, gerade bei Kindern und jungen Menschen, als unwahrscheinlich. Deutsche Forscher untersuchten im Jahr 2020 die Mumie eines drei- bis vierjährigen Jungen, der mutmaßlich an einer Lungenentzündung gestorben war; mithilfe eines CT-Scans konnte sein Gesicht rekonstruiert werden. Die Ähnlichkeit zum Mumienporträt des Jungen war verblüffend. Vermutlich hatte der Künstler das Kind direkt nach dessen Tod gemalt, kurz bevor es einbalsamiert wurde.
© The Metropolitan Museum of Art