
Fanny und Stella: Skandal um Männer in Frauenkleidern
Am 28. April 1870 rauschen Fanny und Stella in das Strand Theater in London, winken dem Publikum mit ihren Fächern zu, plaudern mit ihren beiden männlichen Begleitern in ihrer Privatloge – und werden beim Verlassen des Theaters von der Polizei verhaftet. Als sie am nächsten Tag vor dem Haftrichter erscheinen, tragen sie noch immer Frauenkleider, doch ihre bürgerlichen Namen lauten Frederick Park (r.) und Thomas Boulton. Die Polizei hat die beiden jungen Männer schon länger beobachtet, die als Fanny und Stella in Restaurants dinieren, bei der Ruderregatta zwischen Cambridge und Oxford zuschauen und ins Theater gehen. Die beiden Freunde arbeiten auch als Prostituierte, und die Anklage lautet: "Verschwörung, um Sodomie zu begehen". Sie werden mehrfach von verschiedenen Ärzten untersucht, alle großen Zeitungen berichten über den Prozess, der mit einem Freispruch endet. Der Fall trägt zur Verabschiedung eines neuen Gesetzes 15 Jahre später bei, das nicht mehr nur eindeutige "Sodomie" unter Strafe stellt, sondern "grobe Unanständigkeit" unter Männern – und damit jegliches homosexuelles Verhalten. Dem Gesetz werden unter anderem der Schriftsteller Oscar Wilde und der Mathematiker Alan Turing zum Opfer fallen.
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