Bedrohtes Ökosystem Wenn Waldelefanten sterben, leidet auch der Regenwald

Waldelefant
Waldelefanten gelten als die kleineren Verwandten des Afrikanischen Elefanten (Savannenelefant)
© Roger de la Harpe / Getty Images
Waldelefanten verschwinden – und dies gefährdet das ohnehin bereits bedrohte Kamerun-Ebenholz. Eine Studie verrät, warum das Schicksal des Baumes so eng an die Dickhäuter geknüpft ist

Waldelefanten gelten als vom Aussterben bedroht – ihre Bestände sind in den vergangenen Jahren regelrecht eingebrochen. Dieser Schwund gefährdet offenbar auch manche Pflanzen: Denn mit dem Rückgang der Waldelefanten (Loxodonta cyclotis) schwinden auch die Bestände des Baums Kamerun-Ebenholz (Diospyros crassiflora), wie eine Studie im Fachjournal "Science Advances" zeigt.

Waldelefanten sind die kleinen Vettern des – auch Savannenelefant genannten – Afrikanischen Elefanten (Loxodonta africana). Neben einigen Gegenden Westafrikas bewohnen sie das zentralafrikanische Kongobecken – den zweitgrößten Regenwald der Erde. 

Aussterben sehr wahrscheinlich

Wilderei, um an das begehrte Elfenbein zu gelangen, habe die Bestände der Art in den vergangenen drei Jahrzehnten um 86 Prozent einbrechen lassen, schreibt das internationale Forschungsteam um Vincent Deblauwe vom International Institute of Tropical Agriculture in Jaunde, der Hauptstadt von Kamerun. Das Aussterben der Waldelefanten in der nahen Zukunft sei extrem wahrscheinlich.

Der Schwund der Großsäuger bleibt nicht ohne Folgen für die übrige Natur: Elefanten spielten eine Schlüsselrolle bei der Gestaltung von Ökosystemen, "indem sie Nährstoffe recyceln und verteilen, Unterholz entfernen und Samen verteilen", heißt es in der Studie. "Daraus folgt, dass Bestände von durch Elefanten verteilten Bäumen voraussichtlich zusammen mit den Elefanten zurückgehen."

Elefanten scheiden Samen mit dem Dung unbeschadet aus

Dazu zählt der Studie zufolge insbesondere das Kamerun-Ebenholz – eine extrem langsam wachsende Baumart, deren Lebensraum sich mit dem der Waldelefanten weitgehend überschneidet. Die Bäume gelten ebenfalls als bedroht: Zum einen wird ihr Lebensraum zunehmend abgeholzt, zum anderen ist ihr hartes schwarzes Holz sehr gefragt.

Die Forschungsgruppe prüfte in Kamerun, ob sich auch der Rückgang der Waldelefanten auf die Baumart, die 25 Meter hoch und deren Stamm bis zu 1,2 Meter breit wird, auswirkt. Denn die Früchte der Bäume sind bei Waldelefanten sehr beliebt sind. Sie enthalten jeweils bis zu zehn, bis 5 Zentimeter große Samen, die die Elefanten mit dem Dung unbeschadet wieder ausscheiden.

Dung schützt die Samen vor anderen Tieren

Die Gruppe untersuchte im Südosten des Landes vier jeweils vier Quadratkilometer große intakte Waldareale – zwei davon lagen im Tierreservat Dja, in den beiden anderen gab es kaum noch Waldelefanten. Wo die Großsäuger zugegen waren, stellten kleine Schösslinge, die unter 5 Zentimeter groß waren, fast die Hälfte (47,2 Prozent) aller Ebenholz-Individuen, in Gebieten ohne die Elefanten waren es nur etwa 15 Prozent. Die Präsenz der Waldelefanten steigerte demnach den Ebenholz-Nachwuchs um mehr als das Dreifache.

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Der Schwund von kleinen Ebenholz-Bäumen unter 10 Zentimetern Höhe in manchen Arealen decke sich mit dem dortigen Verschwinden der Waldelefanten einige Jahrzehnte zuvor, schreibt die Gruppe und verweist auf das äußerst langsame Wachstum dieser Pflanzen. "Diese negative Folge wird in vielen Datensammlungen aus Walderhebungen übersehen, die nur Pflanzen ab 10 Zentimetern Höhe registrieren", heißt es.

Ebenholz-Schwund könnte auch Elefanten gefährden

Die Elefanten verteilen die Samen nicht nur, wie bereits bekannt war. Zudem schützt ihr Dung sie auch vor Verzehr, insbesondere durch Nagetiere wie die Emin-Riesenhamsterratte (Cricetomys emini). Demnach werden nackte Samen 8,5 Mal eher gefressen als Samen, die in dem Dung verborgen sind. Versuche ergaben, dass Samen aus Elefantendung ähnlich gut keimen wie nackte Samen am Boden – und wesentlich besser als Samen in verfaulenden Früchten. 

"Die Ausrottung der Waldelefanten führt zu einer zusätzlichen ernsten Bedrohung für Ebenholz, sowohl hinsichtlich der Größenordnung als auch im geografischen Ausmaß", schreibt die Gruppe. Dies werde sich noch verschärfen, wenn die wenigen verbliebenen Elefantenpopulationen kollabierten.

Der Schwund von Ebenholz und weiteren Pflanzenarten könnte seinerseits Folgen für Waldelefanten haben, sollte man diese eines Tages wieder im Kongobecken ansiedeln wollen, mahnen die Forschenden: Früchte seien für die Ernährung dieser Elefanten essenziell. Ihr Fehlen könnte den zweitgrößten Regenwald der Erde für die Dickhäuter möglicherweise unbewohnbar machen.