Bäume im Amazonas sind in den vergangenen Jahrzehnten im Schnitt immer größer geworden. Grund dafür ist der Klimawandel: Die steigende CO2-Konzentration in der Atmosphäre lässt die Bäume stärker wachsen, wie ein internationales Forscherteam im Fachjournal "Nature Plants" berichtet.
Co-Autorin Beatriz Marimon von der brasilianischen Universität von Mato Grosso betont, meist gehe es bei den Auswirkungen des Klimawandels um die Bedrohung des Regenwaldes. "Aber unterdessen sind die Bäume in intakten Wäldern größer geworden; selbst die größten Bäume sind trotz dieser Bedrohungen weiter gewachsen", erklärt sie.
Wachstum durch mehr CO2
Im Schnitt wurden die Bäume der Studie zufolge pro Jahrzehnt 3,2 Prozent größer, was die Forschenden auf Konzentration von CO2 in der Atmosphäre zurückführen, die in dem betrachteten Zeitraum – vor allem durch die Verbrennung von Kohle, Öl und Gas – kontinuierlich immer weiter angestiegen ist. Der Wachstumseffekt war sowohl bei größeren als auch kleineren Bäumen zu beobachten.
Große Bäume seien sehr wichtig für die Speicherung von CO2, betonen die Autoren. "Trotz der Befürchtungen, dass der Klimawandel negative Auswirkungen auf die Bäume im Amazonasgebiet haben und den Kohlenstoffsenken-Effekt untergraben könnte, bleibt die stimulierende Wirkung von CO2 auf das Wachstum bestehen", betont die federführende Autorin Adriane Esquivel-Muelbert von der Universität Cambridge. "Dies zeigt die bemerkenswerte Widerstandsfähigkeit dieser Wälder, zumindest zum jetzigen Zeitpunkt."
Für die Studie analysierte das Team die Größe der Bäume auf 188 dauerhaft beobachteten Flächen und stellte fest, dass das Wachstum bereits seit mindestens 30 Jahren andauert. Die Forschung kam durch eine Kooperation von mehr als 60 Universitäten in Südamerika, Großbritannien und darüber hinaus zustande.
Trockenstress könnte zunehmen
Die nicht an der Studie beteiligte Expertin Kirsten Thonicke vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung weist darauf hin, dass Trockenstress für die Bäume zunehmen könne. "Je mehr CO2 in der Atmosphäre enthalten ist, umso weniger müssen die Spaltöffnungen der Blätter geöffnet sein, um an das CO2 für die Photosynthese zu kommen", erklärt sie. Dadurch verliere die Pflanze weniger Wasserdampf und brauche weniger Bodenwasser. Allerdings verdunste dadurch auch weniger, und dies könne tropische Regengüsse reduzieren.
Abholzung hat schwerwiegende Folgen
Auch die Studienautoren selbst sprechen Warnungen aus. Die beteiligte Forscherin Rebecca Banbury Morgan von der Universität Bristol betont: "Unsere Studie verdeutlicht auch, wie zerstörerisch die Abholzung des Amazonasgebiets ist. Große tropische Bäume sind Hunderte von Jahren alt. Wir können nicht einfach neue Bäume pflanzen und erwarten, dass sie ähnliche Vorteile in Bezug auf Kohlenstoffbindung oder Biodiversität bieten wie der alte, natürliche Wald."
Im brasilianischen Amazonasgebiet sind einer kürzlichen Auswertung der Initiative "MapBiomas" zufolge seit 1985 rund 52 Millionen Hektar Natur verloren gegangen – eine Fläche größer als Spanien. Landesweit summiert sich der Verlust in den vergangenen vier Jahrzehnten auf 111,7 Millionen Hektar – mehr als das Dreifache der Fläche Deutschlands. Das Netzwerk besteht aus Universitäten, Nichtregierungsorganisationen und Technologieunternehmen und untersucht unter anderem Satellitenbilder.
Die Denkfabrik World Resources Institute (WRI), die mit umfangreichen Daten der Universität Maryland eine "Global Forest Watch"-Plattform betreibt, berechnete kürzlich, im vergangenen Jahr sei in jeder Minute eine Fläche tropischen Regenwaldes so groß wie 18 Fußballfelder verloren gegangen. So seien 6,7 Millionen Hektar tropische Urwälder zerstört worden, eine Fläche fast so groß wie Irland oder Bayern, und der Analyse zufolge fast doppelt so viel wie im Jahr zuvor.
Einige Fortschritte in Brasilien
Mehr als 40 Prozent der Entwaldung im vergangenen Jahr fand in Brasilien statt. Es habe zwar Fortschritte unter Staatspräsident Luiz Inácio Lula da Silva gegeben, aber die Bedrohung der Wälder bleibe bestehen, hielt die Denkfabrik fest.