Zwei seiner schönsten Bauwerke verdankt Europa dem Eroberungsdrang der Muslime. Sie liegen keine 200 Kilometer voneinander entfernt, in Südspanien, und sind sehr unterschiedlich: Die Alhambra in Granada, ein Königspalast, betört mit verspielter Pracht; die Mezquita in Córdoba, ein Gotteshaus, versetzt Besucher mit ihrer klaren, abstrakten Geometrie in meditative Stimmung. Gebaute Poesie sind beide.
Die Alhambra erscheint noch heute wie ein Märchenschloss aus Tausendundeiner Nacht: filigrane Säulen und elegante Bögen, Mosaiken, Kalligrafien und spinnwebenfeine Stuckaturen, plätschernden Brunnen in marmornen Höfen; ein Labyrinth der Schönheit. Von außen wirkt sie trutzig mit ihren wuchtigen Mauern hoch auf dem Burgberg. Die Alhambra war schließlich Verteidigungsanlage, hielt den christlichen Heeren länger stand als jedes andere maurische Bauwerk in Spanien. Erst 1492 kapitulierte der letzte Emir von Granada.
Gegenüber Córdoba waren Paris und London trostlose Nester
Die Mezquita von Córdoba strahlt tiefe Spiritualität aus. Die Abfolge ihrer Pfeiler und Bögen ist pure Mathematik, schafft Raum für Perspektiven, die ins Unendliche weisen. Córdoba ist die Stadt, in der sich Abd ar-Rahman III. im Jahr 929 zum Kalifen und Nachfolger Mohammeds erhob. In ihr lebten Christen, Juden und Muslime in Toleranz zusammen, gemeinsam bauten sie eine Stadt der Wunder, in der die Wissenschaften erblühten, Kunst und Handel florierten. Sie war groß und modern wie keine zweite in Europa zu jener Zeit. Paris und London? Trostlose Nester dagegen. Und das christliche Abendland? Ein Reich der Finsternis.