Rätselhafte Symptome Zeckenstiche können Allergie gegen Fleisch auslösen

Lone-Star-Zecke auf einem Blatt
Die Lone-Star-Zecke scheint sich in den USA auszubreiten – und mit ihr ein mysteriöses Leiden, das Fleischessern zuschaffen machen kann
© mauritius images / Jason Ondreicka / Alamy / Alamy Stock Photos
Erbrechen, Schwindel, Schwellungen: In den USA reagieren mehr und mehr Menschen mit solchen Symptomen auf den Verzehr von Fleisch. Auslöser des "Alpha-Gal-Syndroms" soll der Speichel einer Zeckenart sein. Hierzulande verbreitet sich derweil eine andere von Zecken übertragene Krankheit

Die Symptome zeigen sich mit Verzögerung, aber dann teils umso heftiger: Übelkeit, Erbrechen, Nesselsucht, starke Bauschmerzen, Schwindel, eine Schwellung von Rachen oder Augenlidern. Betroffene können Ihr Unwohlsein oft zunächst schwer deuten, schließlich treten Beschwerden bei Nahrungsmittelallergien in der Regel sofort oder binnen Minuten ein. Nicht so bei einer Variante, die als Alpha-Gal-Syndrom bezeichnet wird und die mit dem Verzehr von rotem Fleisch in Verbindung steht.

Immunreaktion nach Zeckenstich

Wie Forschende bereits in den 2000er Jahren enthüllen konnten, enthält Rind-, Schweine- oder anderes Fleisch von Säugetieren ein spezielles Zuckermolekül (Alpha-Gal), das auch im Speichel bestimmter Zeckenarten enthalten ist. Bei einem Zeckenstich kann der Stoff (oder eine Komponente davon) aus dem Speichel in die Blutbahn des Menschen gelangen und bei manchen eine Immunreaktion hervorrufen. Der Organismus erkennt den Zucker als fremd und bildet Antikörper, um sich zu schützen.

Im Grunde eine lebenswichtige immunologische Antwort. Doch bei einigen führt sie dazu, dass ihr Körper fortan heftige allergische Reaktionen zeigt, wenn er größere Mengen des Zuckermoleküls etwa über die Nahrung aufnimmt. Schweregrad und Häufigkeit der Symptome scheinen von Fall zu Fall sehr verschieden zu sein. Doch klar ist: Auch Säugetiermilch und daraus hergestellte Erzeugnisse wie Joghurt oder Käse enthalten Alpha-Gal und können akute Allergieschübe auslösen.

Bislang weder Therapie noch Heilung in Sicht

Für Betroffene bedeutet die Diagnose oft eine drastische Veränderung ihrer Ernährung und Lebensweise. Der Verzicht auf rotes Fleisch und Fleischprodukte ist unerlässlich, um ernste Reaktionen zu vermeiden. Vermutlich ein Leben lang: Denn im Gegensatz zu anderen von Zecken übertragenen Krankheiten gibt es bislang keine Möglichkeit, die Unverträglichkeit etwa medikamentös in den Griff zu bekommen oder gar zu heilen.

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Ausgerechnet in den USA, dem Land der Barbecue-Liebhaber, sind die Fallzahlen nun drastisch gestiegen. Zwischen 2010 und 2022 seien mehr als 110 000 Verdachtsfälle identifiziert worden, teilte die US-Gesundheitsbehörde CDC mit. Möglicherweise könnten sogar um die 450 000 Amerikanerinnen und Amerikaner vom Alpha-Gal-Syndrom betroffen sein. Denn Die Krankheit sei vielen Mitarbeitenden der Gesundheitsversorgung und Patienten nicht bekannt, deswegen werde häufig nicht entsprechend getestet. Damit wäre das Alpha-Gal-Syndrom die zehnthäufigste Nahrungsmittelallergie in den USA, sagte Scott Commins, Forscher der Universität von North Carolina und Mitverfasser des Berichts.

Gestiegene Fallzahlen könnten mit Klimawandel zusammenhängen

Als Überträger haben die Forschenden hauptsächlich eine bestimmte in den USA heimische Zeckenart in Verdacht – die sogenannte Lone-Star-Zecke (Amblyomma americanum). Verbreitet ist das Tier überwiegend im Nordosten und im Süden des Landes. Den Experten zufolge könnte die Zahl der Fälle gestiegen sein, weil sich die Zecken im Zuge des Klimawandels vermehrt auch in andere Regionen ausbreiten.

Hilfreiche Maßnahmen gegen Zecken


1. Zecken abwehren: Im Handel sind sogenannte Repellents erhältlich. Die meisten dieser Mittel riechen für Zecken so unangenehm, dass sie gar nicht erst zustechen. Allerdings schützen Repellents nur die Hautpartien, auf die sie aufgetragen worden sind – die Kopfhaut bleibt beispielsweise ungeschützt. Als natürliches Hausmittel gilt auch Kokosöl. Zusätzlichen Schutz bietet lange Kleidung.

2. Was tun bei einem Stich? Hat sich eine Zecke festgesogen, ist das noch kein Grund zur Panik. Man sollte sie zügig entfernen. Dafür wird empfohlen, die Zecke hautnah zu packen und langsam und kontrolliert herauszuziehen. Das geht mit den Fingern, manchen fällt es aber mit einer speziellen Zeckenpinzette oder –zange leichter. Reste, die möglicherweise in der Haut zurückbleiben, stößt der Körper mit der Zeit von selbst ab.

3. Deutliche Zeichen: Eine kreisförmige Rötung nach einem Zeckenstich ist möglicherweise ein Symptom einer Borreliose-Infektion. Die wachsende Hautrötung kann ab dem dritten Tag nach einem Stich auftreten, aber auch erst nach vier oder fünf Wochen. Auch Abgeschlagenheit, Fieber und Kopfschmerzen können ein Hinweis auf eine Erkrankung sein.


Für Deutschland lägen bislang keine Daten über Fälle von Alpha-Gal-Syndrom vor, teilte das Robert Koch-Institut mit. In hiesigen Zecken verbreitet sich dagegen das vor sechs Jahren in China entdeckte Alongshan-Virus (ALSV). Mittlerweile wurde der Erreger in Zecken in Finnland, Frankreich, Russland und der Schweiz gefunden, wie da Centrum für Reisemedizin (CRM) mit Sitz in Düsseldorf mitteilte. Auch in Deutschland gebe es Nachweise. Schwere Erkrankungen, die über grippeähnliche Beschwerden hinausgehen, würden mit einer ALSV-Infektion bislang jedoch nicht in Verbindung gebracht.

Die in Deutschland häufigste von Zecken übertragene Krankheit ist die Lyme-Borreliose, gegen die im Frühstadium ein Antibiotikum hilft. Daneben ist die Frühsommer-Meningoenzephalitis besonders im Süd- und Südwestdeutschland verbreitet. Gegen sie gibt es eine Impfung.

mit dpa