Die Etikettierung als "vegan" bietet Menschen, die Tierprodukte meiden wollen oder unter einer Unverträglichkeit gegen Milchprodukte oder Ei leiden, wertvolle Orientierung im Alltag. Viele andere schreckt eine "vegane" Kennzeichnung aber offenbar ab, so das Ergebnis einer kalifornischen Studie, die jetzt im Journal of Environmental Psychology erschienen ist.
Die Forschenden hatten für ihr digital durchgeführtes Experiment 7341 Teilnehmende repräsentativ ausgewählt. Die Probanden sollten in einem Online-Shop jeweils zwischen einem Geschenkkorb mit veganen Lebensmitteln und einem Geschenkkorb mit Fleisch- und Milchprodukten wählen. Der vegane Korb wurde dabei zufällig mit einer von fünf Kennzeichnungen versehen: "vegan", "pflanzenbasiert", "gesund", "nachhaltig" oder "gesund und nachhaltig". Zehn zufällig ausgeloste Teilnehmende erhielten den Korb nach Abschluss auch tatsächlich zugeschickt, so dass für alle ein gewisser Anreiz bestand, eine sinnvolle Wahl zu treffen.
Für viele ist die Kennzeichnung ausschlaggebend
Doch für welchen Geschenkkorb entschieden sich die Menschen? Die Mehrheit wählte den Korb mit tierischen Produkten. Allerdings schnitt die vegane Variante mit bis zu 44 Prozent gar nicht schlecht ab. Überraschend war jedoch, dass die Wahl maßgeblich von davon abhing, wie der vegane Korb bezeichnet war.
So wurde die vegane Variante deutlich seltener ausgewählt, wenn sie als "vegan" (20 Prozent) oder "pflanzenbasiert" (27 Prozent) gekennzeichnet war; gegenüber "gesund" (42 Prozent), "nachhaltig" (43 Prozent) oder "gesund und nachhaltig" (44 Prozent).
Gesundheit und Umwelt sind Mischköstlern wichtig
Daraus lässt sich schließen, dass die vegane Bezeichnung, die den Fokus auf die Inhaltsstoffe lenkt, geradezu abschreckend wirkt. Im Gegensatz dazu, ist die Betonung der Vorteile für Gesundheit und Umwelt offenbar ein positiver Anreiz.
Der Effekt trat unabhängig von Merkmalen wie Alter, Geschlecht, Einkommen, etc. auf, war aber bei bekennenden Fleischessenden besonders ausgeprägt. Und er war so stark, dass es für Hersteller und Restaurantbetreiberinnen durchaus wirtschaftlich einen Unterschied machen könnte, wie sie ihre Produkte bezeichnen.
Auch für die Politik ist das Ergebnis relevant, wenn sie Menschen zu einer pflanzenbetonten Ernährungsweise bewegen will, die nachweislich die Zahl der gesunden Lebensjahre erhöht. Auch die Klimaziele sind nur zu erreichen, wenn wir den Konsum von tierischen Produkten auf ein umweltverträgliches Maß reduzieren.
Die Studie bestätigt vorangegangene Ergebnisse
Das Ergebnis der neuen Studie bestätigt frühere, kleinere Untersuchungen, die ebenfalls gezeigt hatten, dass nicht-vegane Menschen pflanzliche Speisen häufiger auswählen, wenn diese nicht als vegan gekennzeichnet sind. Die Umweltschutzorganisation "Vegane Gesellschaft Österreich" rät in einem Leitfaden sogar davon ab Gerichte, etwa auf Speisekarten, plakativ als "vegan" oder "fleischfrei" zu bezeichnen. Förderlicher sei die Kennzeichnung mit einem "(v)" hinter der Speise oder einem dezenten Symbol, etwa einem grünen Punkt.
Vorangegangene Studien, vor allem aus Deutschland, zeigen aber, dass Probanden auf die Bezeichnung "gesund" durchaus positiv ansprechen. Auch Nachhaltigkeitslabel regen tendenziell das Kaufinteresse an. Auch dies hat die aktuelle Untersuchung bestätigt.
Warum haben viele Menschen mit Veganismus ein Problem?
Was aber ist der Grund für die ablehnende Haltung gegenüber als "vegan" bezeichneten Produkten? Schließlich legen viele Mischköstler offensichtlich Wert auf Nachhaltigkeit und gesunde Ernährung, die nun einmal pflanzenbetont ist.
Die Forschenden zitieren unter anderem eine deutsche Studie, wonach die Befragten fürchteten, dass vegane Produkte nicht schmeckten. In einer US-amerikanischen Studie hätten bekennende Fleischesser sogar angegeben: "Wenn ich vegan würde, dann würden meine Freunde und Familie mich hassen."
Das deckt sich mit den Ergebnissen einer ebenfalls US-amerikanischen Befragung. Demnach lehnten vor allem Mischköstler aus dem politisch rechten Spektrum Veganer ab; insbesondere, wenn die Veganer männlich waren und des Tierwohls oder der Umwelt zuliebe auf Fleisch verzichteten. Je rechter, desto fleischiger könnte man das Resultat zusammenfassen.
Das Wort "vegan" kann kognitive Dissonanzen hervorrufen
Möglicherweise macht vielen Mischköstlern schon allein das Wort "vegan" schmerzlich bewusst, dass ein gewisser Widerspruch besteht zwischen den eigenen Werten wie Nachhaltigkeit, Gesundheit oder Tierwohl und der eigenen Ernährungsweise. So lautet jedenfalls eine gängige psychologische Interpretation unter dem Namen "Fleisch-Paradox". Bezeichnungen wie "nachhaltig" und "gesund" bestätigen dagegen die eigenen Überzeugungen.
Letztlich ist das aber Spekulation. Denn die Gründe der Entscheidung für oder gegen den veganen Korb wurden in der aktuellen Studie nicht untersucht.