Das Auffälligste am Aussehen vieler Vögel ist ihr überaus buntes Gefieder, das für gewöhnlich bei den Männchen besonders ausgeprägt ist. Um die Optik zu intensivieren, nutzen viele besonders farbenprächtige Arten systematisch einen Trick, der bislang unbekannt war: Zwischen der bunten sichtbaren Spitze und dem flaumigen Unterteil ihrer Federn haben sie einen sogenannten achromatischen Teil, der entweder weiß oder schwarz ist.
Das lasse hellere Farben besonders leuchten und dunklere Farben besonders kräftig erscheinen, schreibt ein US-Forschungsteam im Fachjournal "Science Advances". Die Gruppe entdeckte diesen Trick zunächst bei der in Amerika verbreiteten Vogelfamilie der Tangaren (Thraupidae), dann aber auch bei etlichen anderen Gruppen.
Generell besteht das Vogelgefieder aus vielen verschiedenen Federtypen – am auffälligsten sind jedoch die Konturfedern. Diese sind übereinanderliegend ähnlich angeordnet wie Schindeln auf einem Dach. In den von außen sichtbaren Spitzen sind diese Federn oft wesentlich kräftiger gefärbt als im unteren Teil.
"Weißes Gefieder streut Licht, während schwarzes Gefieder Licht absorbiert"
Bislang dachte man, diese unteren Bereiche dienten weniger der Färbung als eher etwa der Wärmeisolierung. Nun berichtet das Forschungsteam, dass auch die achromatischen Schichten des Gefieders zur Färbung beitragen. Dies entdeckten die Forscher nach spektroskopischen Analysen an Vertretern der Schillertangaren (Tangara). Diese Tangaren-Gattung lebt in Südamerika und ist wie schon der deutsche Name verrät – für ihr farbenprächtiges Gefieder bekannt.
"Als wir Tangara-Männchen untersuchten, bemerkten wir, dass rot und gelb pigmentierte Federn stets einen weißen Untergrund hatten, während blaue und grüne Federspitzen immer einen schwarzen Untergrund hatten", sagt Erstautorin Rosalyn Price-Waldman von der Princeton University im US-Bundesstaat New Jersey – und nennt auch den Grund. "Weißes Gefieder streut Licht, während schwarzes Gefieder Licht absorbiert."
Die rote und gelbe Färbung der Federn beruht bei diesen Vögeln auf Karotinoid-Pigmenten, die Blau-, Grün- und Violetttöne basieren dagegen auf speziellen Nanostrukturen. Die darunter liegenden achromatischen Federschichten, so die Folgerung des Teams, intensivieren der Studie zufolge die Färbung des Gefieders beträchtlich.
Ein sehr breites Spektrum optischer Effekte
Eine Überraschung erlebte die Gruppe, als sie die achromatischen Schichten bei Tangara-Männchen und –Weibchen miteinander verglich: Unter gelben Flecken trugen demnach nur die Männchen eine weiße Schicht, die Weibchen dagegen eine schwarze. "Ohne Berücksichtigung der weißen und der schwarzen achromatischen Schichten würden sich Weibchen und Männchen extrem ähneln", sagt Ko-Autorin Allison Shultz vom Natural History Museum von Los Angeles County.
Auch in anderen farbenfrohen Sperlingsvögeln fand das Forschungsteam solche achromatischen Schichten: etwa bei Vertretern der ebenfalls in Südamerika heimischen Schnurrvögel (Pipridae) und der Schmuckvögel (Cotingidae). Kurioserweise gab es jedoch vereinzelt Fälle, in denen dunkelrote Federspitzen auf Karotinoid-Basis über einer schwarzen achromatischen Schicht lagen – und umgekehrt lagen durch ihre Struktur hellblau gefärbte Spitzen über einer weißen Schicht.
Auch Maler und Glaskünstler nutzen dieses Prinzip
Die Interaktionen zwischen achromatischen Schichten und Federfarben ermöglichten ein sehr breites Spektrum optischer Effekte, heißt es in der Studie. Vogelgefieder könne gleichzeitig überwältigend schön und sehr komplex sein, schreibt die Gruppe.
Das Team vergleicht die achromatischen Schichten mit Techniken, die etwa Maler in Form von Grundierungen, aber auch Maskenbildner und Glaskünstler verwenden. Die Färbung von Vögeln, so das Resümee, könne nicht nur Einblick geben in Biologie und Evolution, sondern auch Künstler und Designer inspirieren.