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Sulfuryldiflourid Dieses Gas ist 4000-mal klimaschädlicher als Kohlendioxid

Holzstämme für den Export lagern im Duisburger Containerhafen. Ihre Behandlung mit dem Pestizid Sulfuryldiflourid kritisieren Umweltverbände als extrem klimaschädlich
Holzstämme für den Export lagern im Duisburger Containerhafen. Ihre Behandlung mit dem Pestizid Sulfuryldiflourid kritisieren Umweltverbände als extrem klimaschädlich
© Rupert Oberhäuser / imago images
In deutschen Überseehäfen entweicht immer mehr extrem klimaschädliches Sulfuryldiflourid. Eine Umweltorganisation erklärt, warum. Und fordert ein Verbot

Wenn es um Gase geht, die den Klimawandel befeuern, ist meist Kohlendioxid (CO2) gemeint. Denn CO2 entsteht in großen Mengen bei allen Verbrennungsprozessen. Es gibt allerdings auch Gase, die zwar in kleineren Mengen anfallen – aber um ein Vielfaches schädlicher für das Klima sind. Methan zum Beispiel ist rund 25-mal klimawirksamer CO2. Es wird bei der Erdgasförderung und bei Zersetzungsprozessen im Boden freigesetzt oder bei der Verdauung in den Mägen von Wiederkäuern gebildet. Aber es gibt noch weitaus wirksamere Klimagifte. Wenig Beachtung fand bislang eine Chemikalie mit dem Namen Sulfuryldiflourid, kurz SF. Die Substanz wird vor allem zur Schädlingsbekämpfung bei Baumstämmen für den Export eingesetzt. Und ist laut Umweltbundesamt (UBA), auf einen Zeitraum von 100 Jahren betrachtet, rund 4000-mal schädlicher für das Klima als CO2.

Wie das Umweltinstitut München nun schreibt, ist der Einsatz von SF in den vergangenen Jahren drastisch gestiegen. Unter anderem wegen der extremen Hitze und Trockenheit der vergangenen Sommer: Beides führte dazu, dass mehr Holz als im Schnitt der vergangenen Jahre geerntet und nach Übersee verschifft wurde. Vor allem nach China.

Enormer Klimaschaden durch SF-Einsatz im Hamburger Hafen

Laut Umweltbundesamt (UBA) ist die Substanz seit der Jahrtausendwende weltweit in Gebrauch als Pflanzenschutzmittel und Biozid. Allein im Hamburger Hafen sind nach Angaben des Umweltinstituts im Jahr 2015 rund 17 Tonnen eingesetzt worden, im Jahr 2020 sollen es schon 230 Tonnen gewesen sein. So habe allein der SF-Einsatz im Hamburger Hafen eine klimaschädigende Wirkung, die fast drei Millionen Tonnen CO2 entspricht. Das übersteige die Klimawirkung des gesamten innerdeutschen Flugverkehrs eines Jahres.

Laut UBA geht der Einsatz insbesondere auf die Einfuhrbestimmungen der Importländer zurück: Mit der Giftbehandlung vor dem Verladen soll vor allem die Einschleppung von Schädlingen vermieden werden. Das Problem: Nach der Begasung, etwa in einem Container, wird die pestizidhaltige Luft einfach durch Türöffnen "entsorgt". Es ist also davon auszugehen, dass die komplette Menge SF, die eingesetzt wird, auch in die Atmosphäre gelangt.

Das Umweltinstitut fordert nun, die Zulassung für den EU-Markt, die im Oktober dieses Jahres ausläuft, nicht zu verlängern – und hat dazu eine Petition gestartet.

Umweltinstitut: "Holzexport drastisch verringern"

Um die Emissionen durch SF zu verringern, schlägt das UBA zum einen die Entwicklung von so genannten Gasabscheidern vor. Solche Geräte seien allerdings noch nicht "marktverfügbar". Andererseits könnten Ersatzstoffe zugelassen werden, die zwar weniger klimaschädlich, allerdings immer noch giftig sind. Denkbar wären auch Verfahren wie eine kurzzeitige Erhitzung in Wärmekammern. Was allerdings ebenfalls Treibhausgase freisetzt.

Einen grundsätzlicheren Ansatz verfolgt das Umweltinstitut: "Die aus unserer Sicht beste Alternative wäre es, den Holzexport drastisch zu verringern", heißt es dort. "Es wäre viel umweltfreundlicher, das Holz direkt in Deutschland zu verarbeiten und dort insbesondere im Holzbau zu verwerten." Holz in der Bauwirtschaft einzusetzen, könne eine wesentliche Klimaschutzmaßnahme sein.

Der breite Einsatz von SF ist ironischerweise eine Folge von internationalen Bemühungen um den Schutz der Atmosphäre: Das Montrealer Protokoll schränkt den Einsatz des früher verwendeten, die Ozonschicht schädigenden Methylbromids stark ein. Das stattdessen verwendete SF ist zwar unschädlich für die Ozonschicht – entpuppt sich nun aber als Klimakiller.

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