Kleider machen Leute – das galt auch im Mittelalter. Ob Bauer, Geistlicher oder Adeliger, Magd oder Hofdame, weiblich oder männlich, verheiratet oder unverheiratet: Auf den ersten Blick sichtbar, war der Stoff am Leib stets ein Marker. Selbst die moralische Qualität einer Person glaubten manche Zeitgenossen anhand der textilen Hülle ihres Gegenübers zu erkennen.
"Erst die Kleidung machte den indifferent-nackten zum gesellschaftlich lesbaren Körper", schreibt der Historiker Jan Keupp denn auch in seinem Buch "Mode im Mittelalter". Nun gab es in jener Epoche nicht den einen Kleidungsstil, der landaus, landein angesagt war. Stattdessen wechselten die Modeströmungen immer wieder, unterschieden sich zudem teils von Region zu Region. Allein die Ärmelmode pendelte alle paar Jahrzehnte von eng anliegend bis schlabberig-trompetenförmig und wieder zurück.
Kleidung im Mittelalter: Die Kirche warnte vor Luxus
Dennoch bringt Keupp die Modeentwicklung auf drei grundlegende Stilphasen: "Verhüllung, Sichtbarmachung und Modellierung", so die Formel. Im Frühmittelalter verpackten Frauen ihren Körper fast vollständig in lange, kittelartige Gewänder. Männer trugen oft eine knielange Tunika mit einer Garnitur Strümpfe oder Wadenbinden.
Ab dem 11. Jahrhundert betonte die Kleidung zunehmend den Körper: Der Stoff sollte sich wie eine zweite Haut an den Leib schmiegen, etwa durch eine seitlich angebrachte Schnürung. Lange Schleppen und Faltenwürfe sind ebenfalls Kennzeichen jener Epoche. Bei der Herrenkleidung kamen Kleiderschlitze in Mode, die das Reiten erleichtern sollten, sowie eine möglichst eng anliegende Beinkleidung.
Ende des 14. Jahrhunderts verschob sich die Taille der Damen-Obergewänder immer mehr nach oben, betonten die Brustpartie. Korsagen und Polster staffierten den Körper aus. Bei den Männern verkürzte sich das Obergewand, sodass der Rockansatz noch bis maximal auf den Oberschenkel reichte. Der Harnisch wurde nicht selten mit Watte ausgepolstert, galt eine breite Brustpartie doch als Inbegriff der Maskulinität.
Freilich blieben die jeweils neuen Modeerscheinungen nie lange ohne Kritik. Allen voran Vertreter der Kirche geißelten den Kleiderluxus – und warnten eindringlich vor einem Sittenverfall durch allzu körperbetonte Kleider und Hosen.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
