Ein Oktoberabend 48 v. Chr. Über dem Hafen von Alexandria liegt das letzte Tageslicht. Abseits der Kriegsgaleeren, Mannschaftstransporter und zivilen Frachtschiffe sucht ein später Kahn seinen Weg. Nahe bei den Königspalästen legt das Boot an. Ein Mann klettert an Land, schultert einen großen Sack für Bettzeug und macht sich auf den Weg zu einem der herrschaftlichen Tore.
Der Palastbezirk der ägyptischen Metropole ist eine wahrhaft majestätische, weitläufige Anlage. Groß genug, um in einem Teil den jungen König des Landes mit seinem Hofstaat zu beherbergen, Ptolemaios XIII. – und in einem anderen einen so mächtigen wie unwillkommenen Gast. Den Feldherrn und Politiker Gaius Iulius Caesar, Konsul der Römischen Republik. Nach außen hin freundschaftlich verbunden, misstrauen beide einander, belauern sich.

Die Torwachen lassen den Mann mit dem Sack passieren. Arglos – oder weil sie bestochen sind? Schließlich erreicht er einen Raum in jenem Teil des Palastareals, den die Römer belegt haben, und schnürt das Bündel auf. Eine anmutige, 21-jährige Frau schält sich heraus. Unverkennbar vornehm. Es ist die ältere Schwester des Königs, bis vor Kurzem selbst Regentin; dann haben Ptolemaios und seine Berater sie gestürzt und vertrieben. Kleopatra VII.
Nun ist sie heimlich nach Alexandria gekommen, um jenen Mann zu treffen, von dem sie Hilfe erhofft, einen Bund gegen den verhassten Bruder, ihre Rückkehr an die Macht: Caesar. Entschlossen, den Römer zu gewinnen, hat sie sich in den Palast geschmuggelt und begibt sich zu ihm.
So berichtet es der antike Autor Plutarch. Aber stimmt die Darstellung? Das ist ungewiss. Wie fast die gesamte Geschichte des vermutlich berühmtesten power couple der Antike ist die Realität nur mühsam zu greifen hinter einem Schleier aus romantischer Erfindung, übler Nachrede, Überhöhung. Und dennoch schimmert durch die Legenden ein erkennbares Bild. Das Bild einer komplizierten, intensiven Beziehung, in der sich Persönliches und Politik vermengen. In der es um Macht geht, natürlich. Vielleicht um Liebe, gewiss um eine gegenseitige Faszination. Vor allem aber um Vorteile, Reichtümer, Glanz.