Brennen in den Oberschenkeln, Treppenstufen werden zur Qual, Recken und Strecken geht nur mit angestrengtem Stöhnen – wer jemals einen ordentlichen Muskelkater gehabt hat, ist diesen Zustand lieber früher als später wieder los. Doch die Muskeln brauchen Zeit, um sich zu erholen und wieder voll leistungsfähig zu sein. Der Grund dafür ist in dem Moment nicht ein körperlicher Aussetzer, sondern vor allem eines: die eigene Überlastung beim Training. Der Körper kann gar nicht anders.
Übermäßige Belastung der Muskulatur
Wer beim Sport über die Grenzen der körperlichen Leistungsfähigkeit hinaus geht, verursacht die entsprechende Reaktion in den Zellen – von mechanisch bis biochemisch. Was den Muskelkater betrifft, geht die Forschung inzwischen davon aus, dass hierfür mikroskopisch kleine Risse im Muskelgewebe verantwortlich sind, die bei einer Überlastung entstehen. Solange der Körper diese Risse repariert, verspüren wir Schmerzen und damit den bekannten Muskelkater.
Lange stand Laktat in Verdacht, für die unangenehmen Schmerzen im Körper verantwortlich zu sein. Doch inzwischen ist die Milchsäure freigesprochen. Als Laktat werden Salze der Milchsäure bezeichnet, die entstehen, wenn die Muskulatur bei hoher Leistung mehr Sauerstoff für die Verbrennung braucht, als durch das Blut zugeführt werden kann. Die Folge ist eine Übersäuerung.
Laktat als Teil der Energiereserve
Laktat ist ein wichtiger Teil der Energiereserven in unserem Körper. Es ist zwar ein Stoffwechselprodukt, das ständig in größerer Menge entsteht, wenn wir den Turbo einschalten – also evolutionstechnisch gesehen der Säbelzahntiger hinter uns her ist und wir nicht zum Häppchen für das Mittagessen werden wollen.
Laktat wird in größerer Menge gebildet, wenn wir schneller laufen, als wir eigentlich können. Damit das Tempo aber trotzdem nicht nachlässt und der Säbelzahntiger am Ende nicht doch noch auf dem Gewinnertreppchen steht, greift der Körper zu einem Trick.
Kohlenhydrate für Energie in der Muskulatur
Energie brauchen unsere Muskeln immer und jederzeit, damit sie überhaupt funktionieren. Dreht es sich dabei um das morgendliche Aufstehen, den Weg ins Badezimmer, das Decken des Frühstückstischs oder die gemütliche Radtour zur Arbeit, so wird dies über energiereiche Phosphatverbindungen abgedeckt.
Dieses Adenosintriphosphat ist direkt in den Muskelzellen gespeichert – allerdings nicht in großer Menge. Steigt die körperliche Belastung, schaltet der Körper auf den Brennstofftank Nummer Zwei um.
Sauerstoff für aeroben Energiestoffwechsel
Der Körper zieht die notwendige Energie aus der Glucose als Kohlenhydrat und Fettsäuren – sowohl aus der aufgenommenen Nahrung als auch aus den Speichern wie Leber und Muskelzellen für Glukose oder den optisch hinreichend bekannten Fettspeichern im Körper.
Dafür braucht der Körper ausreichend Sauerstoff und jetzt kommt der Säbelzahntiger wieder ins Spiel. Entspricht das Lauftempo und damit verbunden die Sauerstoffaufnahme über die Atmung unserer Fitness, dann funktioniert die Zellatmung entsprechend und der Energiestoffwechsel ist im Gleichgewicht. Man spricht von aerober Glykolyse.
Holt der Säbelzahntiger allerdings unsympathisch auf und wir erhöhen gezwungenermaßen die Laufleistung, erhöht sich auch die muskuläre Belastung. Es wird mehr Energie benötigt, als über den reinkommenden Sauerstoff noch umgesetzt werden kann. Stehenbleiben wollen wir aber aus verständlichen Gründen trotzdem nicht. Zum Glück hat unser Körper als erfolgreicher evolutionärer Pokerspieler noch ein As im Ärmel.
Laktatkonzentration im Blut und in den Muskeln steigt an
Er schaltet auf den Turbo um, um den extrem hohen Energiefluss überhaupt noch zu ermöglichen und verzichtet auf den eigentlich notwendigen Sauerstoff: Der anaerobe Energiestoffwechsel setzt ein. Gespeichertes Muskelglykogen wird in die dringend notwenige Glukose umgewandelt.
Dabei entsteht als Abbauprodukt Milchsäure und Laktat als Salz der Milchsäure, das nicht so schnell wie notwendig über den Blutkreislauf und die Leber abgebaut werden kann. Schließlich hat Laktat eine Halbwertszeit von gut 20 Minuten – nach dieser Zeit ist also nur noch die Hälfte des produzierten Laktats im Blut vorhanden – und wir rennen wie eine Dampflok auf Hochtouren vor dem Säbelzahntiger weg.
Hoher Laktatwert führt zur Übersäuerung
Das Ergebnis: Das Laktat häuft sich in Muskelzellen an. Das Zellmillieu wird durch die Milchsäure zunehmend sauer. Das beeinflusst schließlich auch die ablaufende anaerobe Glykolyse, die Leistungsfähigkeit der Muskeln lässt schrittweise nach, der Energiefluss wird langsamer und der Läufer auch.
Bleibt zu hoffen, dass der Säbelzahntiger dasselbe Problem hat und wir leicht aus der Puste die rettende Höhle erreichen. Was aber tun, damit bei der nächsten Begegnung nicht doch der Tiger gewinnt? Ganz einfach: die persönliche anaerobe Schwelle erhöhen.
Mmol als Einheit für Laktatwert
Vermutet und entdeckt wurde der wissenschaftliche Zusammenhang zwischen Muskelkraft und der aeroben/anaeroben Schwelle im Jahr 1923. In dem Zusammenhang und bei weiteren Forschungen wurde auch ein genereller Wert für das funktionierende Verhältnis von Sauerstoffaufnahme, Sauerstoffbedarf, Muskelleistung und Laktatbildung formuliert. Die Sportwissenschaft spricht von einem „Steady State“ – also dem stabilen Zustand – bei einem Laktatwert im Blut von 0,5 bis 2,2 mmol (Millimol) pro Liter. Als anaerober Schwellenwert für normal trainierte Menschen gilt eine Laktatkonzentration von 4 mmol pro Liter.
Anaerobe Schwelle durch Training anheben
Wie aber schaffe ich es jetzt, meine anaerobe Schwelle anzuheben? Ganz einfach: durch entsprechendes Training. Verantwortlich für die anaerobe Schwelle ist grob gesprochen der Zusammenhang zwischen Herzfrequenz, Muskelmasse und maximaler Sauerstoffaufnahme.
Gehe ich im Training regelmäßig und in Intervallen in den anaeroben Bereich, reagiert mein Körper darauf. Die körperliche Fitness erhöht sich und die Laufleistung ohne übermäßige Laktatbildung auch.
Im Video: Intervalltraining - Wie viel Sport wirklich nötig ist

Intervalltraining einbauen
Die maximale Herzfrequenz ist der Richtwert für diese Schwelle. Als Faustformel dafür wird 220 minus Lebensalter angesetzt. Liegt der Pulsschlag bei 70 Prozent bis 80 Prozent dieser Zahl, wird von einem aeroben Betrieb des Körpers ausgegangen. Wer also seine muskuläre Leistungsfähigkeit erhöhen will, geht einfach im Training mit Belastung und der Herzfrequenz über diesen Bereich. Das sollte allerdings nur in kurzen Zeitintervallen und Trainingseinheiten geschehen, um den Körper nicht zu überfordern und bestenfalls auch in Absprache mit einem Sportmediziner für das optimale Ergebnis.
Ernährung gegen Übersäuerung der Muskulatur
Wer auf andere Weise dafür sorgen will, dass die Muskulatur im Alltag nicht übersäuert oder eine Übersäuerung ausgleichen will, kann das auch auf bequeme Art tun: beim Essen. Es gibt verschiedene basische Lebensmittel, die durch Spurenelemente wie Kalium, Kalzium, Magnesium oder Eisen einer Übersäuerung gegensteuern. Dazu gehören:
Wie auch immer das Rezept gegen eine Übersäuerung der Muskeln aussieht – das Nachsehen hat in jedem Fall der Säbelzahntiger, wenn der Laktatwert im Rahmen bleibt. Nur eines wird sich nach einem übermäßigen Sprint ohne Rücksicht auf die eigene Fitness trotzdem nicht vermeiden lassen: der Muskelkater – der ja auch ohne Milchsäure in den Muskeln für Katzenjammer sorgt.