Video-Award Nikon Small World in Motion: Die bewegte Welt des Allerkleinsten

Video-Award: Nikon Small World in Motion: Die bewegte Welt des Allerkleinsten
© Nikon Small World In Motion 2025
Emsige Winzlinge, wuchernde Zellen und zauberhafte Kristalle: Der Wettbewerb "Nikon Small World in Motion" zeigt, welch faszinierende Vorgänge sich unter dem Mikroskop abspielen

In den ersten Strahlen der Morgensonne öffnen sich die zarten Blüten des Quendel-Ehrenpreis. Das kleine Kraut sprießt auf Wiesen, Weiden und am Wegesrand. Bei einem Spaziergang durch die Natur ist es leicht zu übersehen. Doch unter dem Mikroskop von Jay McClellan wird es zum Star. Sein Zeitraffervideo zeigt, wie sich ein Staubblatt gen Stempel krümmt, um Pollen auf die Narbe zu tupfen. Die Blüte befruchtet sich selbst, um auch in Abwesenheit von Artgenossen für Nachkommen zu sorgen. "Ich liebe die Vorstellung, dass jeder solche Schönheit entdecken kann, wenn er nur genau genug hinschaut", sagt McClellan.

Mit seiner Aufnahme sicherte sich der US-Amerikaner den Sieg beim "Nikon Small World in Motion Award". Der Wettbewerb prämiert Videos, die unter dem Lichtmikroskop entstanden sind. Sie zeigen Vorgänge, die sich normalerweise im Verborgenen abspielen. Ein Bärtierchen, auch Wasserbär genannt, marschiert mit seinen acht Stummelbeinchen rund um eine Kugelalgenkolonie. Nervenzellen eines Kükens wuchern im Zeitraffer in einer Petrischale, strecken prüfend ihre Ausläufer aus und vernetzen sich zu einem dichten Geflecht. Künstliche RNA bringt Krebszellen zum Aufleuchten wie Sterne am Firmament. Gasgefüllte Filamente der Königsschwingalge, eines Cyanobakteriums, gleiten emsig aneinander vorbei. Kristalle aus Kupfer-, Kobalt- und Natriumchloriden lösen sich in einem Tropfen auf und formen wie von Geisterhand neue Strukturen. Seegurkenlarven zappeln im Wasser wie kleine, vielarmige Aliens.

Was in so flüchtiger Schönheit daherkommt, ist oft das Ergebnis von Geduld, Beharrlichkeit, unermüdlichem Finetuning – und ein wenig Glück. Sieger McClellan, ein pensionierter Ingenieur, entwickelte jahrzehntelang Systeme zum maschinellen Sehen, bevor er sich ganz seiner Passion für Fotografie und Mikroskopie widmete. Dabei kommen ihm seine beruflichen Fähigkeiten zugute: Für das Video des Quendel-Ehrenpreis folgte von ihm selbst entwickelte Hard- und Software den Bewegungen der Blüte und sorgte dafür, dass alle Bildebenen stets im Sichtfeld und im Fokus waren. McClellan filmte dazu parallel Videos mit unterschiedlicher Tiefenschärfe, die ein Algorithmus anschließend übereinander legte. "Das Fokus-Stacking über Nacht laufen zu lassen, ist wie das Warten auf den Weihnachtsmorgen", sagt er. "Man weiß nie, ob man enttäuscht wird oder etwas Wunderbares erhält."

Nicht alle Videos zeigen Vorgänge, die man auch in der Natur beobachten könnte, wenn denn das menschliche Auge eine Zoomfunktion hätte. Viele Vorgänge auf Zellebene offenbaren sich nur durch Tricks. Zu den wichtigsten Hilfsmitteln der Mikrobiologen zählen fluoreszierende Proteine. An bestimmte Eiweiße geheftet, lassen sie etwa das Zellskelett oder den Zellkern aufleuchten, sobald sie mit Licht der passenden Wellenlänge bestrahlt werden. Im Bewegtbild offenbaren sich nicht nur die Strukturen, sondern auch die Abläufe des Lebens.  

Der "Nikon Small World in Motion Award" wurde 2011 ins Leben gerufen, weil Videos und Zeitrafferaufnahmen in der Mikroskopie zunehmend an Bedeutung gewannen. In diesem Jahr wurden 325 Videos aus 25 Ländern eingereicht. Die Gewinnervideos, so resümiert Nikon-Manager Eric Flem, "spiegeln das beständige Ziel des Wettbewerbs wider, Staunen zu wecken, Entdeckungen anzuregen und die Kunstfertigkeit zu präsentieren, die wissenschaftlicher Forschung innewohnt."

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