Mit dem Sturz der Feudalordnung im Jahr 1868 begann für Japan eine neue Ära: Nach mehr als 200 Jahren Abschottung öffnete es seine Pforten zur Außenwelt. Unter der 45-jährigen Herrschaft von Kaiser Meiji wurde das Land um die Jahrhundertwende nicht nur rapide offener und moderner. Es entwickelte sich auch zum beliebten Reiseziel und populären Motiv für Fotografen. Zu diesem Wandel trugen auch kürzere und schnellere Reisewege bei.
Nachdem Japan seine Häfen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts für fremde Handelsschiffe geöffnet hatte, wurde es auch zur Anlaufstelle für Globetrotter aus aller Welt. Die neu etablierte Eisenbahnlinie Union Pacific vom Atlantik zum Pazifik und die Eröffnung des Suezkanals vereinfachten die Anreise aus Europa und den USA beträchtlich. Auch der Linienverkehr mit Dampfschiffen von San Francisco über Yokohama, Kobe und Nagasaki rückte das einst isolierte Land näher an den Westen.
Idyllische Bilder zeigen das vorindustrielle Japan
Als Souvenirs spielten frühe Fotografien eine wichtige Rolle für das Bild Japans in der Außenwelt. Mit dem aufblühenden Tourismus begannen einheimische und ausländische Fotografen die steigende Nachfrage nach Mitbringseln und Exportartikeln zu bedienen.
Sie bildeten dazu vor allem die Idylle eines traditionellen Japans ab. Während das Land sich in der Realität rapide modernisierte und technischen Fortschritten aus dem Westen öffnete, inszenierten sie Japan als exotisches, vorindustrielles Reiseziel.
Viele Fotografen stellten das Alltagsleben in ihren Studios nach. Reisende konnten dann handkolorierte Fotografien, aufwendig gestaltete Alben, Diabilder für die beliebte Laterna magica und auf Seidenstoff abgezogene Fotoaufnahmen erwerben und mit nach Hause nehmen.
Im Bildband "Japan 1900. A Portrait in Color" (erschienen im TASCHEN Verlag) haben Sebastian Dobson und Sabine Arqué einige der ersten fotografischen Aufnahmen aus dem einst verschlossenen Japan zusammengestellt. Mehr als 700 eindrucksvolle Bilder erzählen nicht nur davon, wie sich das Land um die Jahrhundertwende der Welt öffnete. Sie zeigen auch, wie traditionelle Trachten, Bräuche und Orte für den touristischen Blick in Szene gesetzt wurden.