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75. Jahrestag Adenauer: Patriarch des Westens

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Aus dem langjährigen Oberbürgermeister von Köln wird die prägende Gestalt der frühen BRD. Mit seiner kompromisslosen Wendung gen Westen sichert Kanzler Konrad Adenauer die Souveränität der Bundesrepublik – und zementiert zugleich die deutsche Teilung
Konrad Adenauer bei der konstituierenden Versammlung des Parlamentarischen Rates
Als der Zweite Weltkrieg vorüber ist, engagiert sich Adenauer in der neu gegründeten CDU und wird 1948 Vorsitzender jenes Gremiums, das eine neue Verfassung erarbeiten soll
©  DENA / dpa picture-alliance

Am 5. Januar 1951 gratuliert die junge Bundesrepublik Deutschland ihrem alten Kanzler zum Geburtstag: 75 Jahre wird Konrad Adenauer – und lässt sich feiern wie ein Monarch vergangener Tage. Den Auftakt macht eine Gruppe grün berockter Jäger, die um neun Uhr früh vor dem Palais Schaumburg antreten, seinem Amtssitz am Bonner Rheinufer. Die Waidmänner blasen ein großes Halali auf Jagdhörnern und präsentieren eine Strecke geschossener Wildtiere. Dann kommt das politische Bonn und bringt Geschenke: Bundespräsident Theodor Heuss überreicht dem erzkatholischen Adenauer eine nahezu einzigartige Schallplattensammlung mit vorgregorianischen Gesängen; nur der Papst besitzt noch eine solche Kollektion. Das Kabinett verehrt dem Regierungschef eine Madonnenstatue aus dem 15. Jahrhundert. Die Beauftragten der Bundesländer bringen regionale Spezialitäten, der niedersächsische Ministerpräsident etwa eine Kiste Doornkaat, einen ostfriesischen Kornbrand. Die oppositionelle SPD-Fraktion schenkt dem begeisterten Gärtner 75 Teerosen, der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes ein Buch über Botanik. Mittags spielt eine Polizeikapelle, später gratuliert das diplomatische Korps. Am Abend schließlich gibt die Stadt Bonn einen Empfang, versammeln sich Tausende mit Fackeln und Flaggen.

Erschienen in GEO Epoche 02/2024