Wenn von der Abholzung des Regenwaldes die Rede ist, ist der Hinweis auf nachteilige Effekte für die Klimaerwärmung nicht weit. Denn im Holz der Bäume wird klimaschädliches CO2 als Kohlenstoff gebunden. Doch die Zerstörung des Waldes könnte noch einen weiteren, bislang unerkannten Effekt auf das Klima haben: Denn Stoffe, die die Bäume ausdünsten, tragen zur Wolkenbildung und zu Niederschlägen in Tausenden Kilometern Entfernung bei. Das konnten deutsche, finnische und brasilianische Forschende nun in zwei Studien zum Amazonas-Regenwald nachweisen.
Ausgangspunkt ihrer Überlegungen waren Terpene: organische Verbindungen, die Bäume in die Umgebungsluft abgeben. Und die nicht nur in den Tropen, sondern auch in unseren Breiten den typischen, würzig-harzigen Geruch des Waldes ausmachen.
Von dem häufigsten dieser Stoffe, dem Isopren, gelangen Schätzungen zufolge jedes Jahr weltweit 500 bis 600 Millionen Tonnen in die Luft. Und besonders viel davon in den Tropen Brasiliens: "Allein der Amazonas-Regenwald ist für mehr als ein Viertel dieser Emissionen verantwortlich", erklärt Atmosphärenforscher Prof. Joachim Curtius von der Goethe-Universität Frankfurt in einer Presseerklärung.
Bislang ging die Forschung allerdings davon aus, dass Isopren schon am Boden durch sogenannte Hydroxyl-Radikale zerstört wird, die sich im Sonnenlicht bilden. Forschungsflüge über dem Regenwald zeigten allerdings: Auch in einigen Kilometern Höhe finden sich "erhebliche Mengen" Isopren – wo es sich mit Stickoxid verbindet. Mehrere solcher Moleküle "verklumpen" dann zu wenige Mikrometer kleinen Aerosolpartikeln. Und dienen als Kondensationskeime für Wasserdampf – aus dem sich Regentropfen bilden.
Gewitter als vertikale Aerosolpumpe
Die Forschenden fanden auch eine Erklärung dafür, wie das Isopren in höhere Luftschichten gelangt: Gewitter sorgen demnach, wie gigantische Staubsauger, für lokal starke Aufwinde. Und befördern die winzigen Teilchen bis in Höhen von 15 Kilometern. Und von dort, durch starke Höhenwinde, in Entfernungen von Tausenden von Kilometern.
Auf diese Weise haben die bodennahen Duftstoffe des Waldes auch über den Ozeanen und auf anderen Kontinenten einen Einfluss auf die Wolkenbildung – und die Niederschlagsmengen. Aber nicht nur das: Wolken regulieren die Temperaturen auf der Erde dadurch, dass sie sowohl das direkt einfallende Licht der Sonne als auch Wärmestrahlung vom Erdboden reflektieren. Erst kürzlich konnte ein Forschungsteam nachweisen, dass eine weltweit geringe Bedeckung des Himmels mit niedrigen Wolken für einen sprunghaften Temperaturanstieg im ablaufenden Jahr mitverantwortlich ist.
"Einerseits werden [durch die Abholzung, d. Red.] Treibhausgase frei, weil der Wald als Kohlendioxidspeicher ausfällt", resümiert Joachim Curtius. "Andererseits werden durch die Rodung sowohl der Wasserkreislauf als auch die Isopren-Emissionen beeinträchtigt, was den Klimawandel weiter antreibt."