5000 Jahre alt Dieser ehrenwerte Baum ist bedroht – dabei ist er älter als die Pyramiden

  • von Nadija Drlic
5000 Jahre alt: Dieser ehrenwerte Baum ist bedroht – dabei ist er älter als die Pyramiden
Im Valdivianischen Regenwald in Chile gedeihen seit jeher einzigartige Baumarten, die es schon zu Zeiten der Dinosaurier gab. Der Alerce Milenario ist ein ganz besonderes Exemplar

Die Patagonische Zypresse könnte 5484 Jahre alt sein, so schätzt es das Forscherteam um Jonathan Barichivich. Der Chilene forscht am französischen CNRS (Centre national de la recherche scientifique). Vor drei Jahren entnahm er dem Baum einen Kern mit 2400 Jahresringen, etwa 40 Prozent seines Durchmessers. Unter Berücksichtigung historischer Klimadaten und des Alters anderer Alerce-Bäume errechnete Barichivich eine 80-prozentige Wahrscheinlichkeit, dass dieser Baum mehr als 5.000 Jahre alt ist. Also älter als die berühmten Pyramiden von Gizeh.

Entdeckt hat ihn Barichivichs Großvater Aníbal Henríquez. Er war in den 1970er Jahre der erste offizielle Parkranger des Alerce Costero Nationalpark. Der Regenwald war über Jahrmillionen isoliert, die Anden, der Pazifik und die Atacama-Wüste schirmten ihn von der Umwelt ab. Hier gedeihen seit jeher einzigartige Pflanzen, so wie der Alerce Milenario. Seit der Entdeckung des Großvaters hat es sich seine Familie zur Lebensausfgabe gemacht, Ami, wie sie den Baum liebevoll nennen, zu bewahren. 

Alerce Milenario: Ein ausdauernder Baum

"Ich bewundere ihn. Er ist so ein ausdauernder Baum", erzählt Antonio Lara mit einem Lächeln im Gesicht. Er ist Forschungsleiter am Zentrum für Klimawissenschaft und Resilienz der Universität Austral de Chile. Und Barichivichs Mentor.

Seine berufliche Laufbahn verbrachte er damit, über Jahrhunderte Temperaturen, Niederschläge und Wasserstände im Park zu rekonstruieren. So konnten die beiden Forscher auch ermitteln, dass der Alerce Milenario, geschützt in einer Schlucht, mehrere große Waldbrände und sogar die "Kleine Eiszeit" vor etwa 4000 Jahren überlebte.

Aber jetzt stirbt er langsam. Die zunehmende Trockenheit, bedingt durch den Klimawandel, setzt dem 30 Meter hohen und mehr als vier Meter dicken Großvater zu. 

Anfassen oder umarmen verboten

Weil außerdem jahrelang unkontrolliert Touristen durch den Alerce Costero Nationalpark wanderten, liegen an vielen Stellen die Wurzeln frei. Die dicke Schicht Waldboden-Biomasse, die sich beim Betreten des Waldes wie ein dicker, federnder Schwamm anfühlt – ist längst abgetragen.

 

Jetzt dürfen nur noch 30 Besucher pro Tag in den Park. Und nur in Begleitung eines Rangers. Bäume anfassen oder gar umarmen, ist streng verboten. 

Aber auch wirtschaftliche Interessen bedrohen den Regenwald in Chile. Die Holzindustrie rodet uralte Bäume, um Platz für schnell wachsende Pinien oder Eukalyptus zu schaffen. Immobilienfirmen planieren immer neue Parzellen für naturnahes Wohnen.

Einen Alerce zu fällen ist illegal

Einen Alerce zu fällen, ist zwar in Chile illegal. Aber das Geschäft mit den Baugrundstücken ist zu lukrativ. Hier lässt sich mehr Geld verdienen als mit Drogen oder Waffen, erzählt Aktivist Ricardo Greene. 

In der Umweltorganisation "Corporacion Alerce" kämpft er gemeinsam mit Barichivich und Lara für den Erhalt des Urwaldes, dem letzten zusammenhängenden seiner Art.

Von seiner ursprünglichen Fläche sind nur noch etwa 30 Prozent übrig. Dabei ist er ein gigantischer CO2 Speicher. Die Jahrhunderte alten Bäume speichern mehr als 800 Tonnen klimaschädliches Kohlendioxid pro Hektar  - eine der höchsten Raten weltweit. 

Der Staat versucht mit Schutz- und Aufforstungsmaßnahmen zu helfen. Mit ersten Erfolge: Seit 2010 konnte Chile damit mehr als eine Million Tonnen CO2 einsparen. Die Wälder sollen dem Land auch helfen, bis 2050 klimaneutral zu werden.