Meinung Soja statt Regenwald: Wir befeuern die Zerstörung des Amazonas

Lukratives Geschäft: Die Rodung von Waldflächen im Amazonasgebiet für den Sojaanbau zahlt sich für Landwirte aus
Lukratives Geschäft: Die Rodung von Waldflächen im Amazonasgebiet für den Sojaanbau zahlt sich für Landwirte aus
© Marcelo Sayao/EFE / dpa
Nach der Entscheidung einer brasilianischen Behörde wird es einfacher, Regenwald für den lukrativen Sojaanbau zu roden. Schuld daran ist auch unsere Gier nach billigem Fleisch

Man kann nicht sagen, dass Brasilien nichts tut, um seinen Amazonas-Regenwald, einen Hotspot der Artenvielfalt und die "grüne Lunge der Erde", zu schützen. So gibt es schon seit 2006 das sogenannte Soja-Moratorium. Es verbietet den Handel mit Soja, das von Flächen stammt, die nach 2008 für den Sojaanbau im Amazonasgebiet gerodet wurden: ein wirkungsvolles Instrument gegen die profitgetriebene Entwaldung.

Die Hülsenfrucht ist ein Millionengeschäft, der Anbau auf ehemaligen Waldflächen besonders rentabel. Brasilien hat die USA als ehemals weltgrößten Produzenten schon vor Jahren überholt. In den zwei Jahrzehnten zwischen 2002 und 2022 hat sich die Anbaufläche in Brasilien fast verdreifacht.

Nun hat – auf massiven Druck der Agrarlobby, wie Greenpeace Brasilien beklagt – eine brasilianische Wettbewerbsbehörde das Moratorium auf Eis gelegt. Weil sie darin eine unangemessene Behinderung des Wettbewerbs sieht. Zu befürchten ist jetzt die Beschleunigung einer doppelten Umweltkatastrophe: Für eine weitere Steigerung der Produktion mit gentechnisch manipulierten Sojapflanzen und reichlich Ackergift muss noch mehr Regenwald weichen.

Nach der Viehwirtschaft gilt der Sojaanbau schon heute als zweitwichtigster Treiber der Entwaldung weltweit, besonders aber in Brasilien. Ohne das Moratorium werde Soja "erneut zu einem Haupttreiber der Amazonas-Zerstörung", warnt Cristiane Mazzetti von Greenpeace Brasilien. Brasilien verliere "jede Chance, seine Klimaziele einzuhalten", sagte sie.

Diesseits des Atlantiks können wir uns nun über die Entscheidung gegen den Wald und für den schnellen, schmutzigen Profit aufregen. Wir könnten uns allerdings auch mal an die eigene Nase fassen.

Denn Europa, Deutschland und fast jeder, jede Einzelne von uns trägt eine Mitverantwortung an dem zerstörerischen Trend: Ein Großteil des billigen brasilianischen Sojas findet in den Ländern der EU dankbare Abnehmer. Und das, obwohl es – Moratorium hin oder her – auch noch zu etwa einem Fünftel auf illegal abgeholzten Flächen angebaut wurde.

Umwelt-Musterschüler Deutschland macht hier keine Ausnahme: Fast die Hälfte – 46 Prozent – des Sojaschrots für die Fütterung von sogenannten Nutztieren, vor allem Schweinen, Hühnern und Rindern, stammten im Jahr 2022 aus Brasilien.

In fast jedem Stück Fleisch steckt also brasilianisches Soja. Anders gesagt: Unser Fleischkonsum, die Dumpingschlacht der Supermärkte und Discounter, ermöglicht und befeuert die Entwaldung im Amazonasgebiet. Darüber könnten wir uns auch mal aufregen. Und besseres Fleisch kaufen. Oder gar keins.