Abo testen Login

Traurigkeit Warum manche Menschen nicht mehr weinen können – und wie sie es wieder erlernen

von Katharina Maß und Maria Kirady
Weinen ist angeboren, es beruhigt und verbindet, wie Studien zeigen. Doch manche Menschen können als Erwachsene nicht mehr weinen und leiden darunter. Die Ursachen führen oft in die Kindheit. Eine Frau und ein Mann erzählen von jahrelang unterdrückten Gefühlen – und der Erleichterung, als das erste Mal wieder Tränen fließen
Illustration einer Frau in Verzweiflung und Angst. Sitzt und bedeckt ihr Gesicht mit seinen Händen
Welche konkreten Wirkungen Weinen auf Körper und Psyche hat, wird derzeit noch erforscht. Menschen, die es nicht können, berichten jedoch häufig, dass ihnen etwas fehle
©  Medvedeva / Adobe Stock

Als Trudi Larsen* den Anruf bekam, dass ihr Bruder gestorben ist, saß sie gerade in einem Meeting mit einem Kunden der IT-Firma, für die sie arbeitete. Sie entschuldigte sich kurz, um den Anruf anzunehmen. "Danach habe ich die ganze Zeit gedacht, ich muss jetzt ganz schnell nach Hause, bevor ich zusammenbreche", erinnert sie sich. Larsen brachte das Meeting zu Ende, gab ihrer Kollegin Bescheid und fuhr heim. Doch dort angekommen, blieb der Zusammenbruch aus, es flossen keine Tränen. "Ich habe einfach weiter funktioniert", sagt die heute 60-Jährige. "Und da habe ich mich richtig schlecht gefühlt." Auch zu anderen Anlässen weinte sie nie. Tränen waren ihr fremd.