Wie gesund Stillen für Babys ist, beschäftigt viele Mütter. Schließlich kann nicht jede Mutter stillen, selbst wenn sie es möchte. Der Grund: Etwa ein bis fünf Prozent der Frauen haben zu wenig Brustdrüsengewebe, und produzieren daher nicht genügend Muttermilch, um ihr Baby zu ernähren.
Nach der Geburt hat fast jede dritte Frau mit Stillproblemen zu kämpfen. Die Brustwarzen entzünden sich häufig, Frauen schlafen wenig, oder denken, sie würden zu wenig Milch produzieren. Ärzte empfehlen aber, nicht zu früh mit dem Stillen aufzuhören. Weil es große Vorteile für das Kind haben kann.
Studie: Muttermilch beeinflusst offenbar die Intelligenz des Kindes
Wird ein Kind vier bis sechs Monate ausschließlich gestillt, hat es etwa um 40 bis 70 Prozent weniger Infekte. Auch der Darm soll bei gestillten Kindern gesünder sein, außerdem entwickeln sie weniger häufig Übergewicht. Dass gestillte Säuglinge in vielerlei Hinsicht gesünder sind, konnte in zahlreichen Studien belegt werden.
Forschende der Tufts University in Massachusetts haben jetzt in einer zweiteiligen Studie untersucht, welchen Einfluss Muttermilch auf die Hirnentwicklung hat. Das Ergebnis: Muttermilch scheint sogar die Intelligenz des Kindes zu beeinflussen.
Das Team analysierte zunächst Muttermilchproben von Frauen aus Mexiko-Stadt, Shanghai und Cincinnati. Und fand heraus: Das in Muttermilch enthaltene Zuckermolekül Myo-Inositol kam unabhängig von dem Ort, der Ernährung oder dem Hintergrund der Mutter immer in gleicher Konzentration in der Milch vor. Am höchsten war die Konzentration in den ersten Monaten der Stillzeit, wenn die kindliche Hirnentwicklung nachweislich auf Hochtouren läuft.
Die Forschenden wollten daher wissen: Fördert das Zuckermolekül die Entwicklung des Gehirns? Dies wurde im zweiten Teil der Studie untersucht. Um die Neuronen im Säuglingsgehirn zu simulieren, züchtete das Team Nervenzellen aus pluripotenten Stammzellen heran. In anschließenden Experimenten schien die Gabe von Myo-Inositol tatsächlich die Ausbildung von Verknüpfungen zwischen den Neuronen zu fördern. Diese Erkenntnis konnte durch Versuche an Ratten und Mäusen gestützt werden.
Die Forschenden schließen daraus, dass Myo-Inositol in der Muttermilch möglicherweise die frühkindliche Hirnentwicklung ankurbelt. Die Erkenntnisse könnten dabei helfen, Ersatzmilch für Babys weiter zu optimieren.
Auch in anderen Studien wurde Effekt von Stillen auf Intelligenz nachgewiesen
Schon frühere Studien deuteten darauf hin, dass Stillen die Intelligenz von Babys beeinflusst.
Wissenschaftler*innen der McGill University in Montreal untersuchten die IQ-Tests von mehr als 1000 Kindern. Sie stellten fest: Kinder, die zuvor mindestens sechs Monate gestillt worden waren, hatten signifikant höhere IQ-Werte als alle anderen. Ob allein das Stillen für diesen Unterschied verantwortlich war oder es andere zugrunde liegende Faktoren gab, wurde in dieser und den beiden folgendenen Studien jedoch nicht näher untersucht.
Eine Studie aus dem Jahr 2013 ergab: Kinder, die in den ersten drei Lebensmonaten ausschließlich mit Muttermilch gestillt wurden, entwickelten mehr weiße Gehirnsubstanz als Säuglinge, die auch oder nur mit Ersatznahrung ernährt wurden. Neurologen aus den USA konnten den Effekt an 133 Kindern im Alter zwischen zehn Monaten und vier Jahren nachweisen. Dafür nutzten sie Magnetresonanztomografie (MRT) und Kognitionstests.
Eine brasilianische Langzeitstudie aus dem Jahr 2015 mit knapp 3500 Teilnehmern zeigte, dass Menschen, die als Baby 12 Monate gestillt wurden, einen um vier Punkte höheren Intelligenzquotienten hatten.
Andere Studien zeigen keinen Effekt
Es gibt allerdings auch Studien, die keinen Effekt zwischen dem Stillen des Kindes und seiner Intelligenz nachweisen konnten. In einer prospektiven Langzeitstudie aus den USA (2014) wurden 1773 Geschwisterkinder begleitet, die unterschiedlich gefüttert wurden. Die einen wurden gestillt, die anderen bekamen Ersatznahrung. Die Leiterin der Studie, die Soziologin Cynthia Colen, analysierte die Entwicklung der Kinder zwischen vier und 14 Jahren. Das Ergebnis: Die gestillten Kinder zeigten keine besseren kognitiven Leistungen als ihre Geschwister, die nicht gestillt wurden.