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Rollenbilder Von der Jungfrau in Nöten zur mutigen Kriegerin: Die Disney-Prinzessin im Wandel der Zeit

Medienwissenschaftlerin Robyn Muir erforscht, wie sich Disney-Prinzessinnen und gesellschaftliche Rollenbilder gegenseitig beeinflussen. Ein Gespräch über emanzipierte Schurkinnen, toxische Prinzen und gute Gründe, mit Kindern auch die alten Schinken zu schauen
Frauen in Disney-Prinzessinnen-Kostümen, im Vordergrund Schneewittchen, die einen Luftkuss zur Seite wirft
Zeitlos beliebt bei Groß und Klein: Dieses Schneewittchen posiert bei einem Karnevalsumzug im britischen Bath
© Paul Francis / Alamy / mauritius images

GEO: Für viele Erwachsenen sind Disney-Prinzessinnen kommerzieller Kitsch, für Kinder sind sie Vorbilder. Für Sie jedoch, Frau Muir, sind sie Gegenstand ernsthafter Forschung. Was genau untersuchen Sie?

Robyn Muir: Wie Disney-Prinzessinnen mit gesellschaftlichen Entwicklungen verwoben sind, insbesondere mit den Rollenbildern ihrer Zeit. Sie sind nicht allein dafür verantwortlich, wie Frauen in der Gesellschaft dargestellt werden. Aber sie tragen zu einem Muster bei, das in der Populärkultur immer wieder aufs Neue verstärkt wird. Gleichzeitig müssen Medienkonzerne auf die Wünsche und Bedürfnisse ihrer Kundschaft eingehen, um Geld zu verdienen. Deren Vorlieben spiegeln sich deshalb manchmal in Figuren und Geschichten.

Es ist also ein Kreislauf: Ein bestimmtes Bild von Weiblichkeit ist en vogue. Disney als Medienunternehmen greift es auf und verstärkt es. 

Die Veränderungen, die die Prinzessinnen im Laufe der Zeit durchlaufen haben, spiegeln die Kulturgeschichte der USA wider. Die ersten Prinzessinnen – Schneewittchen, Cinderella und Dornröschen – waren beispielsweise sehr passiv und häuslich. Zwei dieser Filme entstanden in der Nachkriegszeit. Frauen hatten die Arbeit der Männer übernommen, die in den Krieg gezogen waren. Plötzlich kamen all diese Männer wieder – und sie wollten ihre Jobs zurück. Frauen wurden auf vielerlei Weise ermutigt zu heiraten, Kinder zu kriegen und sich auf ihre Familie zu konzentrieren. Da ist es nicht verwunderlich, dass ein romantisches Happy End wichtiger Teil dieser Filme war. 

Hatte Disney ein politisches Interesse daran, dass Frauen heiraten und Kinder kriegen?