Biomechanik Was die Roboterforschung von Eichhörnchen lernen kann

Eichhörnchen-Roboter
© Sebastian Lee & Justin Yim
Foto: Nature Picture Library / Video: Justin Yim, with footage from Marc Knight, pexels.com
Abheben, punktgenau landen und die Balance halten: Ein Roboter hat die Springkünste der Eichhörnchen erlernt. Zur Anwendung kommt das vielleicht auf einem fernen Saturnmond

Krabbeln, schwimmen, fliegen oder wie eine Schlange schlängeln: All das haben Roboter bereits erlernt. Aber gegen die Kletterkünste der Eichhörnchen kommen sie nicht an. Diese springen von Baumkrone zu Baumkrone, über gefährliche Tiefen punktgenau auf dünnste Äste.

Biologinnen und Ingenieure der University of California, Berkeley, haben sich nun die Tricks der Eichhörnchen abgeschaut und einen hüpfenden Roboter entwickelt, der auf einer schmalen Sitzstange landen kann. Solche Roboter könnten helfen, zwischen den Dachstühlen und Trägern von im Bau befindlichen Gebäuden zu springen oder die Umwelt in verwinkelten Wäldern zu überwachen. Das von der NASA mitfinanzierte Projekt ermöglicht aber auch Roboter, die etwa den Saturnmond Enceladus erkunden könnten, wo die Schwerkraft ein Achtzigstel der Erdschwere beträgt und ein einziger Sprung den Roboter über die Länge eines Fußballfeldes tragen könnte.

"Wie lassen sich heutige Roboter auf die nächste Stufe bringen? Wie kann man sie dazu bringen, sich in einer schwierigen Umgebung zurechtzufinden, in der es Rohre, Balken und Drähte gibt? Eichhörnchen können das, für sie ist das kein Problem. Roboter können das nicht", sagt Robert Full, Professor für integrative Biologie an der UC Berkeley und Hauptautor der Studie im "Journal of Experimental Biology". "Eichhörnchen sind die besten Athleten der Natur. Die Art und Weise, wie sie manövrieren und entkommen können, ist unglaublich."

Ein Fuchshörnchen im Eukalyptushain auf dem Campus der Universität in Berkeley
Ein Fuchshörnchen im Eukalyptushain auf dem Campus der Universität in Berkeley
© Judy Jinn, UC Berkeley

Full und sein Team haben daher erforscht, welche Strategien die Eichhörnchen einsetzen, um sich bei der Landung auf der Stange zu halten. Diese Erkenntnisse hat Justin Yim auf "Salto" übertragen, einen einbeinigen Roboter,

Yim, der mittlerweile Assistenzprofessor für Maschinenbau an der University of Illinois, Urbana Champaign (UIUC) ist, erklärt, wie ein Mensch bei solch einem Sprung vorgehen würde: "Wenn Sie das Gefühl haben, dass Sie bei der Landung nach vorne fallen, werden Sie vielleicht mit den Armen kreisen, aber Sie werden sich wahrscheinlich auch gerade hinstellen, um nicht umzufallen. Wenn Sie das Gefühl haben, dass Sie nach hinten fallen und sich vielleicht hinsetzen müssen, weil Sie es nicht ganz schaffen, dann werden Sie vielleicht die Arme nach hinten schwenken, aber wahrscheinlich werden Sie sich dabei auch zusammenkauern. Das ist das gleiche Verhalten, das wir in den Roboter programmiert haben. Wenn er nach unten schwingt, sollte er in die Hocke gehen. Wenn er nach oben schwingt, sollte er sich ausstrecken und aufrecht stehen."

Eine Mischung aus Biologie und Robotik

Salto, die Abkürzung für "Saltatorial Agile Locomotion on Terrain Obstacles", wurde an der UC Berkeley entwickelt und konnte bereits hüpfen und landen, allerdings nur auf ebenem Boden. Ein Großteil seiner Hüpf-, Parkour- und Landefähigkeiten ist das Ergebnis einer langjährigen interdisziplinären Zusammenarbeit zwischen Studierenden der Biologie und der Ingenieurswissenschaften. 

Salto verfügt über ein motorisiertes Schwungrad oder Reaktionsrad, das ihm hilft, das Gleichgewicht zu halten, ähnlich wie Menschen ihre Arme bewegen, um das Gleichgewicht wiederherzustellen. Yim baute die Motoren so um, dass sie sich beim Landen auch zum Bremsen eignen.

Das Eichhörnchen springt auf einen Ast, in den Instrumente zur Messung der Kräfte eingebaut sind. Daraus hat das Forschungsteam Prinzipien abgeleitet, die sie ihrem einbeinigen Roboter "Salto" beibrachten
Das Eichhörnchen springt auf einen Ast, in den Instrumente zur Messung der Kräfte eingebaut sind. Daraus hat das Forschungsteam Prinzipien abgeleitet, die sie ihrem einbeinigen Roboter "Salto" beibrachten
© Sebastian Lee & Justin Yim

Da er vermutete, dass Eichhörnchen bei der Landung dasselbe mit ihren Beinen tun, arbeiteten die Biologie- und Robotikteams parallel daran, dies zu bestätigen und zu zeigen, dass Salto dadurch besser landen kann.

Fulls Team stattete einen Ast mit Sensoren aus, die die Kraft senkrecht zum Ast maßen, wenn ein Eichhörnchen landete, und das Drehmoment in Bezug auf den Ast, die das Eichhörnchen mit seinen Füßen ausübte. Es fand anhand von Hochgeschwindigkeitsvideos und Sensormessungen heraus, dass Eichhörnchen bei der Landung im Grunde einen Handstand auf dem Ast machen, wobei sie die Kraft der Landung durch ihr Schultergelenk leiten, um das Gelenk so wenig wie möglich zu belasten. Mit den Fußballen fassen sie dann den Ast und drehen sich, um so das überschüssige Drehmoment zu überwinden, das sie über oder unter den Ast zu schleudern droht.

Anders als Affen haben Eichhörnchen übrigens keinen brauchbaren Daumen, der einen Greifarm ermöglicht, sodass sie einen Ast mit der Handfläche festhalten müssen, sagte er. Aber das könnte ein Vorteil sein. "Wenn man als Eichhörnchen von einem Raubtier wie einem Falken oder einem anderen Eichhörnchen gejagt wird, möchte man einen ausreichend stabilen Griff haben, mit dem man schnell von einem Ast abspringen kann, der aber nicht zu fest ist", sagte er. "Eichhörnchen brauchen sich keine Sorgen zu machen, wie sie wieder loskommen, sie prallen einfach ab."

Einbeinige Roboter mögen unpraktisch erscheinen, da sie aus dem Stand umfallen könnten. Aber Yim sagt, dass einbeinige Roboter der richtige Weg sind, um wirklich hoch zu springen. "Man kann die meiste Kraft in dieses eine Bein stecken, wenn man die Kraft nicht auf mehrere verschiedene Geräte verteilt. Und die Nachteile, die man mit nur einem Bein hat, werden geringer, je höher man springt", so Yim. "Wenn man ein Vielfaches der Höhe seiner Beine springt, gibt es nur noch einen Gang, nämlich den, bei dem jedes Bein den Boden zur gleichen Zeit berührt und jedes Bein den Boden ungefähr zur gleichen Zeit verlässt. An diesem Punkt ist es so, als ob man mit mehreren Beinen nur ein Bein hätte. Man kann genauso gut nur das eine benutzen."