GEO: Herr Moore, der Begriff "Anthropozän" ist weit verbreitet. Er weist darauf hin, dass wir in einem neuen Erdzeitalter leben: einer Epoche, in der der Mensch die Erde tiefgreifend verändert. Sie lehnen diesen Begriff ab. Warum?
Jason W. Moore: Er trägt zwei grundverschiedene Bedeutungen. Das "geologische Anthropozän" resultiert aus den enormen Veränderungen, die wir in den Ablagerungen der Erdschichten beobachten können. Viele davon gehen tatsächlich auf menschliches Verhalten zurück. Zugleich bezeichnet der Begriff aber eine Erzählung, die ich das "populäre Anthropozän" nenne und ablehne.
Wie lautet diese Erzählung aus Ihrer Sicht?
Alle Treiber der ökologischen Krise werden in eine einzige Kategorie gepresst: die "Menschheit". Damit sind aber nicht alle auf der Erde lebenden Menschen gemeint, sondern das Gegenstück zu einer anderen Kategorie: der "Natur". Diese wirkmächtige Abstraktion dominiert unser Denken über menschliche Geschichte und die Klimakrise – aber sie ist weder unschuldig noch zufällig entstanden, sondern von Eroberungen, Genoziden und Ökoziden geprägt.
Erklären Sie das, bitte.