Sie spülen Robben von Eisschollen
Eine besonders raffinierte Jagdtechnik wenden Orcas in der Antarktis an: Indem sie ihren Kopf über die Wasseroberfläche hinausrecken ("Spy-hopping"), erspähen sie potenzielle Beutetiere wie Robben, die sich auf Eisschollen ausruhen. Ist die Scholle klein genug, schwimmen mehrere Orcas zusammen mit hohem Tempo auf die Scholle zu und tauchen ab. Auf diese Weise erzeugen sie eine kraftvolle Welle, die die Scholle taumeln lässt und mit Wasser überspült.
Bei mehreren Anläufen optimieren die Tiere ihre Geschwindigkeit und den Winkel, in dem sie sich der Scholle nähern. Ist die Welle stark genug, spült sie die Beute regelrecht von dem schlüpfrigen Eis. Im Wasser treibend, verwirren die Orcas die Robben mit einem Blasenschleier aus ihren Atemlöchern – und greifen dann direkt an.
Sie lassen sich absichtlich stranden
An den Küsten rund um die argentinische Halbinsel Valdés und einigen der ebenfalls zu Argentinien gehörenden Crozet-Inseln haben sich Orcas auf dösende Seelöwen und See-Elefanten als Beutetiere spezialisiert. Doch sie jagen die Tiere nicht etwa im freien Wasser – sondern am Strand.
Dabei gegen sie so vor: Bei hohem Wasserstand schwimmen die Orcas mit hoher Geschwindigkeit im rechten Winkel oder etwas schräg auf den Strand zu. Bei der absichtlichen Strandung rutschen die tonnenschweren Jäger mit bis zu zwei Dritteln ihrer Körperlänge auf den Strand – gerade weit genug, um eine im flachen Wasser schwimmende Robbe zu packen. Mit ihrer Beute und mithilfe nachfolgender Wellen und ihrer eigenen Körperkraft robben sich die Orcas dann zurück ins tiefere Wasser. Beobachtungen zeigen, dass erfahrene Weibchen die Technik gezielt an Jungtiere weitergeben.
Sie gehen Weißen Haien an die Leber
Vor der Ostküste der USA und an den Küsten Südafrikas haben sich Orcas auf Haie spezialisiert – darunter Walhaie, die größten Fische der Ozeane, und Weiße Haie. Abgesehen haben sie es allerdings nur auf einen kleinen Teil der mitunter tonnenscheren Tiere: ihre nähstoffreiche Leber. Dabei gehen sie so vor: Sie rammen ihr Opfer und drehen es um 180 Grad um die eigene Achse. Dadurch geraten Haie in einen tranceähnlichen Zustand, der tonische Immobilität oder Schreckstarre genannt wird. Da Hochsee-Haie schwimmen müssen, um ihren Kiemen sauerstoffreiches Wasser zuzuführen, ersticken sie in der Bewegungslosigkeit nach wenigen Minuten.

Der Orca schlitzt nun den Bauch des Hais genau dort auf, wo sich die Leber befindet – und reißt seinem Opfer das fettreiche Organ, manchmal auch das Herz, aus dem Leib. Woher der Schwertwal die genaue Lage der begehrten Organe im Haikörper kennt, ist nicht restlos geklärt. Möglicherweise nutzt er dafür die Echoortung. Um einen Weißen Hai auf diese Weise zur Strecke zu bringen, müssen Orcas nicht einmal im Verband jagen. Forschende konnten nachweisen, dass sie es auch allein mit den vermeintlichen Top-Predatoren der Ozeane aufnehmen.
Sie ertränken Wale
Schwertwale nehmen es sogar mit den größten Tieren der Erde auf: Grönland- und Blauwalen. Um sich nicht unnötig an den Riesen zu verausgaben, haben die Schwertwale eine kraftsparende Jagdtechnik entwickelt: Sie ersticken sie. Im Team drücken sie den Kopf der ungleich größeren Wale unter Wasser oder decken ihr Atemloch ab – um sie am Atmen zu hindern. Die Technik ist keine spontane Erfindung. So wurden Jungtiere dabei beobachtet, wie sie in einer Art Rollenspiel ein anderes Jungtier aus ihrer Gruppe eine Zeit lang unter Wasser drückten – offenbar, um die Jagdtechnik zu trainieren.
Sie erschlagen zusammengetriebene Fische
Meist besteht die Nahrung von Orcas aus weniger spektakulären Beutetieren: Fischen. Damit sich der Jagdaufwand lohnt, haben die Jäger auch für diese Beute eine besondere Jagdtechnik entwickelt, die Karussell-Methode. Sie treiben die Fische – zum Beispiel Heringe – zusammen, indem sie sie zu mehreren umkreisen, ihre weiße Unterseite zeigen und aus ihren Atemlöchern Blasen ausstoßen. Wenn die Beute, um sich zu schützen, zu einem besonders kompakten Schwarm zusammengedrängt ist, schlagen sie zu – buchstäblich: Einer der Schwertwale versetzt dem Schwarm mit seiner Schwanzflosse einen kräftigen Hieb. Die betäubten Fische trudeln aus dem Schwarm und werden von den Orcas eingesammelt.
Sie locken Vögel in einen Hinterhalt
In einem Aquarium in der kanadischen Stadt Niagara Falls haben Orcas schon vor 20 Jahren gelernt, Möwen zu jagen. Aber nicht etwa, indem sie umständlich aus dem Wasser sprangen: Die tonnenschweren Tiere verstreuten Nahrungsreste auf der Wasseroberfläche, um die Vögel anzulocken. Während die sich auf das vermeintlich gefundene Fressen stürzten, lagen die Jäger knapp unter der Wasseroberfläche auf der Lauer. Und schnappten im richtigen Moment zu. Die Jagdtechnik schaute sich dann ein weiterer Schwertwal im Aquarium ab. Die beiden sollen auf diese Weise täglich drei bis vier Möwen erbeutet haben.