Die Ozeane werden grüner. Mit bloßem Auge ist die Entwicklung nicht zu erkennen, doch Satellitenaufnahmen über einen Zeitraum von 20 Jahren ergeben einen statistisch bedeutsamen Trend, insbesondere in den tropischen und subtropischen Meeren.
Der Grund für die Farbänderung liegt sehr wahrscheinlich in der Veränderung der Zusammensetzung des Phytoplanktons, das unter anderem aus verschiedenen Algen, Dinoflagellaten und Cyanobakterien besteht. Die Studie einer Forschergruppe um B. B. Cael vom National Oceanography Centre (NOC) in Southampton (Großbritannien) ist in der Fachzeitschrift "Nature" erschienen.
Die grüne Farbe des Phytoplanktons stammt vom Chlorophyll, dem Farbstoff, mit dessen Hilfe Lebewesen Photosynthese betreiben können. Änderungen in der Chlorophyllmenge können per Satellit über das Verhältnis von grünem zu blauem Licht bestimmt werden. Doch wie Stephanie Henson vom NOC schon vor rund zehn Jahren herausfand, sind die natürlichen Schwankungen bei der Menge des Chlorophylls so groß, dass man Beobachtungsdaten über einen Zeitraum von 30 Jahren benötigen würde, um einen klaren Trend zu erkennen.
2019 zeigten Stephanie Dutkiewicz vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge (USA) und ihre Kollegen, dass die natürlichen Schwankungen weniger groß sind, wenn man mehr Farben als Grün und Blau in die Analyse einbezieht. "Also dachte ich, ist es nicht sinnvoll, bei all diesen anderen Farben nach einem Trend zu suchen, anstatt nur bei Chlorophyll?", wird Cael in einer Mitteilung des MIT zitiert. Henson und Dutkiewicz sind die Senior-Autorinnen der aktuellen Studie.
Es ist jedoch bekannt, dass Sensoren für Meeresfarben sehr unterschiedliche Ergebnisse bringen. Deshalb half es den Forschern, dass sie auf Messdaten eines einzigen Instruments zurückgreifen konnten, nämlich Modis (bildgebendes Spektroradiometer mit mittlerer Auflösung) auf dem Satelliten Aqua. Von ihm erhielten die Wissenschaftler einheitliche Messdaten für den Zeitraum Juli 2002 bis Juni 2022. Das Ergebnis zeigt, dass das von den Ozeanen reflektierte Licht sich deutlich verändert hat. Vor allem im Bereich zwischen 40 Grad nördlicher und südlicher Breite (Tropen, Subtropen) ist der Trend zu mehr grünem Licht klar zu erkennen. Insgesamt ist er auf 56 Prozent der Meeresoberfläche zu beobachten.
Farbveränderungen spiegeln Veränderungen in Planktongemeinschaften wider
Als die Forschende die Entwicklung durch ein Modell eines komplexen globalen Ozeanökosystems und der damit verbundenen biogeochemischen Kreisläufe simulierten, kamen sie auf ein ähnliches Ergebnis, wenn sie den Anstieg der Treibhausgase berücksichtigten. In einer Kontrollsimulation ohne diesen Anstieg ergaben sich auch keine Änderungen des reflektierten Lichts. Auf diese Weise zeigten die Forscher, dass das Grünerwerden der Ozeane eine Folge der menschengemachten Treibhausgase ist.
Wie genau der Farbwechsel zustande kommt, können die Wissenschaftler derzeit nicht genau sagen. "Aber wir können sagen, dass Farbveränderungen Veränderungen in Planktongemeinschaften widerspiegeln, die sich auf alles auswirken, was sich von Plankton ernährt", sagt Dutkiewicz. Plankton ist die Basis der meisten Nahrungsketten in den Ozeanen. Den Studienautoren zufolge könnten die Ergebnisse nützlich sein, um Regionen des offenen Ozeans zu identifizieren, in denen Meeresschutzgebiete im Rahmen des Hochseevertrags der Vereinten Nationen über die biologische Vielfalt eingerichtet werden sollen.