Es gab im Vorfeld der Mega-Konferenz von Dubai ein Pro und Contra um den Vorsitz: Ist es eine gute Idee, dass der Präsident einer der größten Ölfirmen der Welt eine Klimakonferenz leitet? In einem Land, das mit Öl steinreich geworden ist? Spätestens seit heute müssen auch die Befürworter einer Versöhnung von Ökologie und Ökonomie das Offensichtliche anerkennen: Dubai ist nicht gescheitert – aber auch kein Durchbruch für den internationalen Klimaschutz.
Der Grund dafür liegt auf der Hand: Die erdölfördernden Länder wollen noch möglichst lange Geld verdienen. Dafür haben sie zäh verhandelt – ebenso wie mehr als 100 Länder, darunter Deutschland und die EU, die den Ausstieg aus den fossilen Energieträgern bis zur Mitte des Jahrhunderts gefordert hatten.
Das Ergebnis ist ein klassischer Kompromiss, zum Nachteil für das Klima: Die Nutzung von Kohle, Erdöl und Gas soll zwar schrittweise reduziert werden – aber bis 2050 eben nicht beendet werden. Statt von einer "Abkehr" ist nun von einem "Übergang", weg von fossilen Energien, die Rede. Offenbar ist die Formulierung für die Erdöl-Nationen schwammig genug, um sie nicht für geschäftsschädigend halten zu müssen. "Historisch" ist dieses Ergebnis einzig und allein, weil hier zum ersten Mal die Abkehr von der Nutzung der fossilen Energieträger angedeutet ist. Das Signal ist allerdings in einem Jahr der klimabedingten Naturkatastrophen und Wetterrekorde zu schwach. Die COP28 wird kaum dazu beitragen, das 1,5-Grad-Limit von Paris einzuhalten.
Welche Lehren können wir daraus ziehen?
1. Wir müssen unsere Hausaufgaben machen
Deutschland hat sich zwar in Dubai auf die Seite der Fortschrittlichen gestellt, hat gleich zu Beginn der Konferenz mit dem Gastgeberland einen Katastrophen-Fonds aufgelegt, Ambition angemahnt und sich in die Riege der Ausstiegs-Befürworter eingereiht. Das kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch das einstige Musterland der Energiewende beim Klimaschutz hinterherhinkt. Stand heute wird Deutschland das selbst gesteckte Ziel der Klimagasneutralität bis zum Jahr 2045 verfehlen. Im Gebäude- und im Verkehrssektor ist der Klimaschutz noch gar nicht richtig angekommen, und während Wirtschaftsminister Robert Habeck mit einem ambitionierten Gebäudeenergiegesetz auf erbitterten Widerstand stieß, ist Volker Wissing, sein Kollege aus dem Verkehrsressort, noch nicht einmal bereit, Autofahrenden ein Tempolimit zuzumuten. Es braucht einen gesellschaftlichen und politischen common sense, eine breite Mehrheit für eine gesellschaftliche Transformation. Und ein Bewusstsein dafür, dass alle gesellschaftlichen Gruppen dazu einen Beitrag leisten müssen.
2. Wir brauchen eine Allianz der Willigen
Die UN-Klimakonferenzen gelten vielen Klimaforschenden und Politiker*innen als alternativlos. Tatsächlich sind sie eine beispiellose Erfolgsgeschichte: Sie bringen angesichts eines der drängendsten Menschheitsprobleme auf der Basis aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse alle Nationen der Erde zusammen. Doch die Krise ist schon da, und sie nimmt gerade Fahrt auf. Reicht das, was auf den UN-Konferenzen beschlossen wird, aus? Rechtfertigt das Ergebnis den gigantischen Aufwand mit zuletzt weit über 70.000 eingeflogenen Teilnehmenden? Zwischen den Zielen von Paris einerseits und den Förderplänen der Länder, den Rekord-Emissionen und CO2-Konzentrationen in der Atmosphäre andererseits klafft eine Lücke, die nur mit einem rigorosen globalen Ausstieg hätte geschlossen werden können.
Wenn die mehr als 100 Ausstiegswilligen es ernst meinen mit ihrem Anliegen, sollten sie nach alternativen oder ergänzenden Formaten zu den Megakonferenzen der Vereinten Nationen suchen. Statt den verwässerten Kompromiss zu bedauern, könnten sie eine Allianz der Willigen schmieden – um mit eigenen, strengeren Vorgaben und Verpflichtungen vorangehen. Nicht nur um des Klimas willen. Strom aus Erneuerbaren ist schon heute günstiger als fossil erzeugter. Und der Krieg Russlands gegen die Ukraine hat gezeigt, wie kostbar es ist, unabhängig von internationalen Gas- und Erdöllieferanten zu sein.
3. Klimaschutz fängt im Kopf an
Was auf Klimakonferenzen beschlossen wird, hängt zu einem guten Teil von nationalen, Lobby- und Unternehmensinteressen, aber auch von den Einstellungen jedes einzelnen Menschen ab. Wenn wir nicht von der Notwendigkeit rigoroser und schneller Emissionsreduktionen überzeugt sind, werden es unsere politischen Vertreter*innen auf den Konferenzen auch nicht sein. Wenn wir nicht bereit sind, für den Klimaschutz Veränderungen in unserem Leben zu akzeptieren, wird es auch auf politischer Ebene keine Veränderungen geben. Dass das Wort "Verzicht" für die Politik zu einem Tabuwort avanciert ist, spricht Bände. Zudem gibt es in Deutschland nicht wenige Menschen, die die Notwendigkeit eines Umsteuerns rundheraus abstreiten. Klimaleugner und -skeptiker*innen versuchen nicht nur vom rechten Rand, sondern auch aus der mittlerweile fragilen politischen Mitte heraus, Menschen zu verunsichern. Wir müssen ihnen widersprechen.