Alle Jahre wieder: Mit Aserbaidschan fiel die Wahl des Veranstaltungsortes der UN-Klimakonferenz zum zweiten Mal in Folge auf einen autoritär regierten Staat, der zu einem großen Teil von klimaschädlichen Rohstoffen lebt: Aserbaidschans Energieversorgung ist zu 98 Prozent fossil, rund zwei Drittel des Staatseinkommens stammen aus dem Export von Öl und Gas. Das Land plant sogar, seine Erdöl- und Erdgasförderung auszubauen. Warum soll ausgerechnet dieses Land den Klimaschutz voranbringen? Steckt vielleicht sogar ein Plan der Petrostaaten dahinter, zum Wohl der eigenen Wirtschaft die internationalen Klimaschutzbemühungen zu torpedieren?
Oberflächlich betrachtet, gibt es für die Wahl des Veranstaltungsorts eine einfache Erklärung: Die Mitgliedsländer der Vereinten Nationen teilen sich in fünf Gruppen auf: Afrika, Asien–Pazifik, Lateinamerika–Karibik, Westeuropa–Nordamerika–Australien und Osteuropa. Zwischen diesen Gruppen rotiert die Vergabe des Austragungsorts. Turnusgemäß ist im Jahr 2024 die osteuropäische Gruppe am Zug.
Das mit Aserbaidschan verfeindete Armenien hatte dessen Kandidatur zunächst blockiert. Dann aber – nach der Freilassung armenischer Kriegsgefangener – seinen Widerstand aufgegeben. Die beiden Länder streiten sich um die Region Bergkarabach im Kaukasus; im September 2023 hatte Aserbaidschan die selbst ernannte Republik Arzach unter internationalem Protest militärisch angegriffen und unter seine Kontrolle gebracht.
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Bulgarien bekundete zwar ebenfalls Interesse, wurde allerdings von Russland ausgebremst. Man werde keinem EU-Mitgliedsland zustimmen, hieß es aus Moskau. Also keinem Land, das den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine kritisiert. Da innerhalb der Ländergruppe Konsens über die Gastgeberschaft bestehen muss, erhielt der Mitbewerber Aserbaidschan den Zuschlag.
Aserbaidschan steht am Anfang der weltweiten Ölindustrie
Aserbaidschan ist ein wichtiger Petrostaat; sein Aufstieg im 20. Jahrhundert ist untrennbar mit der Ölindustrie verbunden – an deren Aufbau zwei Brüder des schwedischen Erfinders und Philanthropen Alfred Nobel entscheidenden Anteil hatten: Robert Nobel kam 1873 nach Aserbaidschan, um Walnussholz für die Produktion von Gewehrkolben zu kaufen. Und stieß dabei auf eine bescheidene Erdölindustrie, für deren Boom er mit dem Kauf einer kleinen Raffinerie den Grundstein legte. Schon um 1900 war das am kaspischen Meer gelegene Baku mit einem Anteil von etwa der Hälfte der weltweiten Produktion die größte Ölregion der Welt. In Hafen der Stadt lagen die ersten Öltanker der Welt.
Und eine Abkehr von den fossilen Energien ist in dem Land auch heute nicht in Sicht. Die Umweltorganisation Global Witness wirft Aserbaidschan vor, in den kommenden Jahren deutlich mehr Gas fördern zu wollen. Die klimaschädliche Gasproduktion solle um ein Drittel ausgebaut werden – von rund 37 Milliarden Kubikmetern in diesem Jahr auf 49 Milliarden Kubikmeter im Jahr 2033, teilte die Nichtregierungsorganisation mit. "Drogendealer lösen kein Drogenproblem, und Öl- und Gasstaaten werden nicht die Klimakrise beheben", kritisierte die Organisation. Klimapolitik dürfe nicht von Staaten gemacht werden, die ein Interesse daran hätten, dass die Welt von Öl und Gas abhängig bleibe.
Nutzt Aserbaidschan die COP29 für Greenwashing, oder will es den internationalen Klimaschutz ernsthaft voranbringen? Man wird den Gastgeber an seiner Verhandlungsführung und an den Beschlüssen der Konferenz messen müssen.