Es könnte das Ende eines langen, erbitterten Kampfes sein: In Grönlands Hauptstadt Nuuk sitzt derzeit der Anti-Walfang-Aktivist und Meeresschützer Paul Watson in Haft. Der 73-jährige Sea-Shepherd-Gründer war am 21. Juli dieses Jahres festgenommen worden, als sein Schiff "John Paul DeJoria" zum Tanken festmachte. Watson und seine Crew befanden sich auf dem Weg in den Nordatlantik, wo sie ein japanisches Schiff an der Verfolgung von Walen hindern wollten.
Die rechtliche Grundlage für die Festnahme ist eine sogenannte Red Notice von Interpol aus dem Jahr 2012. Japanische Strafverfolgungsbehörden werfen Watson im Zusammenhang mit zwei Aktionen im Antarktischen Ozean im Jahr 2010 "Einbruch in ein Schiff", Sachbeschädigung, "gewaltsame Behinderung von Geschäften" und Körperverletzung vor.

Was bedeutet eine Red Notice von Interpol?
Mit einer Red Notice werden die Mitgliedsstaaten von Interpol aufgefordert, eine Person ausfindig zu machen und festzunehmen. Eine Verpflichtung zur Auslieferung an das Antrag stellende Land gibt es gleichwohl nicht. Zudem weist Interpol darauf hin, dass ein solches Hilfeersuchen kein internationaler Haftbefehl ist; Personen, die international mit einer Red Notice gesucht werden, gelten bis zum Beweis ihrer Schuld als unschuldig.
Derzeit ermittelt die grönländische Justiz, ob die Bedingungen für eine Auslieferung gemäß grönländischem Recht erfüllt sind. Die Entscheidung über die Auslieferung nach Japan liegt letztlich allerdings beim Justizministerium in Kopenhagen. Grönland ist weitgehend autonom, zählt aber offiziell zum Königreich Dänemark. Im Fall einer Auslieferung drohen Watson nach eigenen Angaben bis zu 15 Jahre Haft.
Polarisierende Methoden zum Schutz der Meere
Als Frontfigur des Kampfes gegen den Walfang ist der kanadisch-amerikanische Staatsbürger wegen seiner drastischen und konfrontativen Methoden umstritten. Unter anderem soll die Sea Shepherd Conservation Society mehrere Walfangschiffe versenkt haben. Menschen kamen dabei nicht zu Schaden.
Ebenfalls aufgrund einer Red Notice wurde Watson schon im Jahr 2012 in Deutschland festgenommen. Grundlage dafür war ein Haftbefehl aus Costa Rica. Der Vorwurf: "Behinderung der Schifffahrt". Watson hatte bei den Dreharbeiten zu "Sharkwater – Wenn Haie sterben" ein Schiff mit einer Wasserkanone angegriffen, um die Besatzung daran zu hindern, Haie zu fangen und ihnen die Flossen abzuschneiden, um sie dann sterbend wieder ins Meer zu werfen. Die Strafverfolgungsbehörden von Costa Rica ließen ihre Vorwürfe später fallen.
Als eine der erfolgreichsten Aktionen gilt eine Kampagne von Sea Shepherd Australien in den Jahren 2012 und 2013. Durch das Eingreifen von vier Schiffen mit insgesamt 120 Besatzungsmitgliedern aus 20 Nationen wurden nach eigenen Angaben 932 Wale gerettet.
Am 15. August soll sich nun entscheiden, ob Watson als freier Mann den Hafen von Nuuk verlassen kann – oder in Japan vor Gericht gestellt wird. Es wäre wohl das Ende seines aktiven Kampfes gegen den Walfang und für den Schutz der Meere.