Ewigkeitschemikalien Fisch aus Nord- und Ostsee: Labor findet PFAS in jeder Probe

In einer Hering-Probe fand das Labor eine PFOA-Konzentration, die fast zehnfach über dem EU-Grenzwert lag
In einer Hering-Probe fand das Labor eine PFOA-Konzentration, die fast zehnfach über dem EU-Grenzwert lag
© Alamy Stock Photos / Sibylle A. Möller / mauritius images
Eine Greenpeace-Recherche zeigt: Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen, die "Ewigkeitschemikalien", kommen regelmäßig auf den Teller – einige Fischarten sind besonders belastet

Fische und andere Meerestiere, die in Nord- und Ostsee für den Verzehr gefangen werden, darunter Scholle, Hering, Steinbutt, Krabben und Muscheln, enthalten bedenkliche Mengen von Ewigkeitschemikalien. Das zeigt eine aktuelle, von Greenpeace in Auftrag gegebene Analyse

Demnach könne schon eine Menge von 150 Gramm Fleisch von Meerestieren ausreichen, um EU-Grenzwerte für die wöchentliche Aufnahme Per- und polyfluorierter Alkylsubstanzen (PFAS) zu überschreiten. Bei Kindern könne es auch ein Bruchteil davon sein.

Die Umweltaktivistinnen und -aktivisten hatten im Juni dieses Jahres insgesamt 17 Stichproben direkt auf Fischkuttern, auf Fischmärkten oder in Geschäften in Niendorf/Ostsee, Heiligenhafen, Cuxhaven, Büsum, Bremerhaven und Hamburg gekauft und im Labor analysieren lassen. Am höchsten waren die Belastungen demnach bei Steinbutt, Hering und Scholle. Bei regelmäßigem Verzehr, so rechnet die Umweltorganisation hoch, seien Grenzwertüberschreitungen von bis zu 320 Prozent möglich.

PFAS bieten enorme Vorteile – und Risiken

Zu den PFAS gehören mehr als 10.000 Chemikalien, von denen einige, wie die PFOS (Perfluoroctansulfonsäure) und die PFOA (Perfluoroctansäure), als krebserregend gelten. Zudem können sie das Hormonsystem stören und die Fortpflanzung beeinträchtigen. Einige der gefundenen PFAS können sich Greenpeace zufolge mit der Zeit im menschlichen Körper ansammeln.

Die extrem langlebigen, wasser- und fettabweisenden Chemikalien stecken in Sport- und Outdoorbekleidung, wie Greenpeace erklärt. Aber auch in Teppichböden, Lebensmittelverpackungen wie Pizzakartons oder Backpapier. In die Umwelt und die natürliche Nahrungskette gelangen die Stoffe beispielsweise mit Industrie- und Haushaltsabwässern und über die Luft. Angereichert in Meeresschaum, kehren sie teilweise sogar wieder zurück an Land.

Eine frühere Greenpeace-Recherche hatte Anfang des Jahres ergeben, dass die Gischt an den Stränden von Nord- und Ostsee PFOS und PFOA enthält. Behörden in Dänemark und den Niederlanden warnen nach Greenpeace-Angaben bereits vor dem Kontakt mit Meeresschaum. Jüngst hatten Forschende PFAS auch in Proben von einem der höchsten Berge in den Alpen gefunden, dem knapp 4500 Meter hohen Matterhorn.

Obwohl es für viele Anwendungen bereits sichere PFAS-freie Alternativen gebe, halte die Chemieindustrie an den potenziell gefährlichen Stoffen fest und blockiere Vorschläge für eine europäische Regulierung, beklagt Julios Kontchou. "Die Bundesregierung muss Menschen und Umwelt vor den Interessen der Chemiebranche schützen. Der Einsatz von PFAS in Alltagsgegenständen gehört ohne Ausnahme verboten."