Dieser Beitrag erschien erstmals im August 2022 bei GEO.
Am frühen Morgen zerlegt die Ingenieurin Kerstin Beier mit geübten Handgriffen einen Verdachtsfall: einen Flipflop in Kindergröße mit blauen und weißen Haifischen darauf. Im Landeslabor Berlin-Brandenburg im Berliner Südosten stehen die Invaliden vergangener Untersuchungen in den Regalen: ein Spielzeugnilpferd mit amputiertem Hinterbein, eine halbe Quietscheente, ein Stoffelefant ohne Fußsohlen. Dass der verdächtige Flipflop "Weichmacher" enthält, steht außer Frage. Sie sind in sehr vielen Kunststoffen enthalten. Kerstin Beier soll herausfinden, ob einer davon verboten ist und der Flipflop deshalb aus dem Verkehr gezogen werden muss.
Vor allem Phthalate, die oft als Weichmacher dienen, können uns gefährlich werden und sollen daher nur in Ausnahmefällen zugelassen und vermarktet werden.
Das Umweltbundesamt hält für viele dieser Stoffe eine Verwendung nur für hinnehmbar, wenn "es keine Alternativen gibt und der Nutzen für Mensch, Umwelt und Gesellschaft höher ist als die Risiken." Trotzdem finden sie sich zuhauf in unserer Umgebung, wie so viele andere künstlich hergestellte Substanzen. Unsichtbare synthetische Stoffe sind immer bei uns, an uns, in uns. Sie haben verästelte Molekülstrukturen und komplizierte Namen, doch es lohnt, sie zu verstehen. Wir wachen in Bettwäsche auf, aus der die ganze Nacht über Farbstoffe in unsere Haut eingedrungen sind.