Küche der Pharaonen Heute gibt's Hyänenbraten! Was wir über den Speiseplan der alten Ägypter wissen

Fisch, Geflügel, Eier und landwirtschaftliche Produkte: Das Grab des Beamten Mennah aus dem 15. Jahrhundert v. Chr. in Theben zeigt unter anderem das Pflügen, die Ernte und das Dreschen von Getreide. Kein Wunder, denn Mennah trug auch den Titel "Aufseher der Felder des Amun"
Fisch, Geflügel, Eier und landwirtschaftliche Produkte: Das Grab des Beamten Mennah aus dem 15. Jahrhundert v. Chr. in Theben zeigt unter anderem das Pflügen, die Ernte und das Dreschen von Getreide. Kein Wunder, denn Mennah trug auch den Titel "Aufseher der Felder des Amun"
© Herve Champollion / akg-images / picture alliance
Was kam im alten Ägypten auf den Tisch? Die Ägyptologin Ulrike Dubiel erklärt, was die Forschung weiß – und warum sich Speisen so schwer nachkochen lassen

GEO: Frau Dubiel, Sie lehren unter anderem Alltagsgeschichte des aten Ägypten. Was haben denn die Ägypter gegessen, was uns heute fremd wäre?

Ulrike Dubiel: Ein Beispiel wären Hyänen. Es gibt Darstellungen, die zeigen, wie die Raubtiere gemästet werden. Offensichtlich wussten die Ägypter Hyänenbraten zu schätzen. Auch gegrillter Kranich wäre für uns heute eine untypische Geflügelspeise. Allgemein wurde das gegessen, was das Land hergab.

Nämlich?

Einen gewissen Einblick geben uns Abbildungen, also Reliefs, Malereien und Modelle aus Holz sowie Schriftquellen: Als Fleischlieferanten kannten die Ägypter domestizierte Tiere wie Rinder, Schafe, Ziegen. Das Schwein wird nicht dargestellt, ist aber durch Texte und archäologische Ausgrabungen durchaus belegt. Es gab Geflügelhöfe, in denen gefangene Vögel gehalten wurden, etwa Gänse, Enten und Kraniche. Daneben schoss man Wildtiere wie Antilopen, Gazellen, Hasen. Hühner spielten in der pharaonischen Zeit dagegen keine Rolle. Eine wichtige Proteinquelle waren Fische aus dem Nil.

Und was war mit Brot?

Ulrike Dubiel blickt in Kamera
Ulrike Dubiel ist Ägyptologin und Archäologin Vorderasiens. Zurzeit arbeitet sie als freie wissenschaftliche Mitarbeiterin im 'Asyut Project' (Berlin, Mainz, Sohag) und im Museum August Kestner (Hannover)

Brot und Bier waren die Grundnahrungsmittel. Die Ägypter kannten verschiedene Getreidesorten, etwa Emmer, Hirse und Gerste, stellten eine Vielzahl von Brot- und Biersorten her. Untersuchungen an Mumien verraten viel über die Ernährung der Menschen. So weisen beispielsweise die Zähne oftmals ganz charakteristische Abnutzungserscheinungen auf – das Zeichen dafür, dass mehlhaltige Produkte regelmäßig und in größeren Mengen gegessen wurden.

Was hat Mehl mit abgenutzten Zähnen zu tun?

Das Getreide wurde auf Mahlsteinen zermahlen, die dabei selbst auch abgerieben wurden. Dem Mehl waren also kleine Steinpartikel zugesetzt. Wer das gekaut hat, hat sich langfristig die Zähne runtergeschmirgelt, manche Menschen so sehr, dass Zahnhöhlen offen lagen. Altwerden in Ägypten muss schmerzhaft gewesen sein. 

Kleopatra und Caesar neben ihr sitzend

Altes Ägypten Kleopatra und Caesar: Ein dynamisches Duo

Als sie sich zum ersten Mal treffen, steht Caesar kurz davor, zum Alleinherrscher aufzusteigen. Kleopatra dagegen ist eine Königin ohne Thron. So riskiert sie alles, um den mächtigen Römer für sich zu gewinnen

Welche Pflanzen haben, neben Getreide, eine Rolle für die Ernährung gespielt?

Die Ägypter verspeisten verschiedene Gemüse- und Obstsorten, etwa Gurkengewächse, Melonen, Zwiebeln, Knoblauch, Lattich, Wein, Feigen und verschiedene Hülsenfrüchte. An Gewürzen sind etwa Kreuzkümmel, Bockshornklee, Anis, Zimt, Thymian, Fenchel und Senfsamen nachgewiesen. Belegt ist auch die Verarbeitung von Rhizomen von Sumpfpflanzen wie Zypergräsern oder Seerosen. Das sind knubbelige, stärkehaltige Wurzelbestandteile, die man zum Teil recht aufwendig zubereiten muss, um sie genießbar zu machen, also etwa erst die lederartige Außenschicht entfernen, dann das Rhizom zermahlen und schließlich kochen, braten oder backen. Die Knollen der Erdmandel, auch Tigernuss genannt, wurden damals genutzt und sind heutzutage im Bioladen erhältlich. 

Malerei zeigt Personen beim Backen
Teig zubereiten im alten Ägypten: Dieses Faksimile zeigt eine Szene der Malereien aus der Grabkapelle des Wesirs Rechmire im 15. Jahrhundert v. Chr. Die Darstellungen überliefern auch ein Rezept für Erdmandelplätzchen
© Carlo Bollo / Alamy Stock Photo

So vielfältig haben sicher nicht alle Menschen gespeist. Was weiß man über die Ernährung der einfachen Arbeiter?

Einfache Arbeiter bekamen ihren Lohn unter anderem in Getreiderationen ausgezahlt, die oft sehr knapp bemessen waren. Untersuchungen der Arbeiterfriedhöfe in Amarna, der Hauptstadt, die Echnaton aus dem Boden stampfen ließ, geben erschreckende Einblicke. Die Skelette der Arbeiterfamilien weisen durchweg Zeichen von Mangelernährung auf. Die Männer, Frauen und sogar Kinder mussten schwere körperliche Arbeit leisten und waren aber gleichzeitig unterversorgt.

Haben sich die Menschen denn eher pflanzlich oder eher fleischlich ernährt?

Das lässt sich nicht allgemein sagen. Es kommt schlicht darauf an, zu welchen Nahrungsmitteln sie Zugang hatten und was sie sich leisten konnten. Je nachdem, konnte der Speiseplan dann getreidelastig sein oder beispielsweise regelmäßigen Fisch- oder Fleischkonsum umfassen. 

Nun haben Sie eine ganze Reihe von Nahrungsmitteln aufgezählt. Was haben die Ägypter damit konkret gekocht?

Wenn wir das nur so genau wüssten! Leider sind keine schriftlichen Koch- oder Backrezepte erhalten. Wir können allerdings Rückschlüsse aus archäologischen Funden und Bildquellen ziehen. Dadurch wissen wir, dass die Ägypter diverse Brotsorten kannten. Sie buken Brot als Fladen, als Laibe, als Kegel und zuweilen sogar in Tierformen, die uns heutzutage vielleicht an Rührteigosterlämmer erinnern. Es gab Backformen, die wie Blumentöpfe aussahen, und auch schmale, konische Formen für Spitzbrote. Abbildungen zeigen, dass etwa gerupfte Wasservögel wie Enten oder Gänse auf einem Stock oder Spieß über offenem Feuer gegrillt und Fische in einem großen Topf wohl als Suppe gekocht wurden.

Also sind gar keine Zubereitungsanweisungen überliefert?

Es gibt tatsächlich einige Anweisungen aus dem medizinischen Kontext. So enthält der "Papyrus Ebers", eine Schrift aus dem 16. Jahrhundert v. Chr., einen Abschnitt über Heilmittel bei Magenleiden.

Und was half laut diesem Papyrus gegen Magenbeschwerden?

Ein Rezept sieht vor, ein Gebäck aus einer bestimmte Getreideart mit einem Kraut – möglicherweise Wermutkraut – sowie Zwiebeln und Knoblauch zu vermengen. Dazu kommen Bier und fettes Fleisch vom Rind. Mit viel Fantasie können wir uns das wie eine Art deftige Brotsuppe vorstellen. In dem Papyrus findet sich auch ein Rezept zum Entleeren des Bauches: Dazu soll man Kuhmilch, Sykomorenfeigen und Honig fein mahlen und kochen. Das klingt sehr nach süßem Früchtebrei.

Malerei zeigt, wie Personen Essen und Trinken gereicht wird
Die Oberschicht frönt dem Luxus: Userhet war im 13. Jahrhundert v. Chr. ein Hohepriester – mit entsprechendem Zugang zu reichlich Speis und Trank
© Nina de Garis Davies / Heritage Images / Getty Images

Weiß man denn, was die Ägypter genascht haben?

Es gibt in einem Grab eine Darstellung von Erdmandelplätzchen. Demnach wurden die Erdmandeln zunächst zerstampft, mit einer weiteren Zutat vermischt und dann zu Dreiecken oder Kegeln geformt. Anschließend hat man sie in einer Pfanne mit Fett erhitzt und dann möglicherweise noch im Ofen gebacken. Weitere Abbildungen zeigen, wie Datteln und Honig am Herd verarbeitet werden. Vielleicht stellten die Ägypter einen Sirup her und aßen die Erdmandelplätzchen wie einen Pancake.

Das heißt aber, man kann Speisen aus dem alten Ägypten nicht einfach nachkochen?

Die experimentelle Archäologie hat das natürlich versucht, zum Beispiel das Brotbacken. Allerdings hatte man Schwierigkeiten, das Brot aus der Keramikform zu lösen. Nicht umsonst haben Formen heute eine Antihaftbeschichtung. Überhaupt hatten die alten Getreidesorten einen geringeren Glutengehalt als heutige. Das bedeutet, die Brote müssen eine andere Konsistenz gehabt haben und fester gewesen sein. Oftmals ist die Übersetzung spezieller Begriffe schwierig, sodass wir nicht wissen, welche Zutaten genau gemeint sind oder wie sie verarbeitet werden sollen. Das muss man bedenken, wenn man heute vermeintlich "alt-ägyptische" Rezepte im Internet oder in Kochbüchern findet.

Mehr zum Thema